„Viva la Vida“
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Quelle: Pixabay (David Keller)
Können Lieder Masken tragen? Wir haben gerade „Viva La Vida“ als Vorspiel gehört. Der Titel lässt mich an einen Party-Song denken. „La Copa De La Vida“ etwa, die Hymne zur Fußball WM von Ricky Martin. Oder „Viva Colonia“, das einige von Euch in diesen Tagen sicher schon wieder des Öfteren gehört und mit“gesungen“ haben. Auch die Melodie des Liedes, das Julian uns gerade gespielt hat, klingt beschwingt und passend zu Fastnacht.
Fastnacht als Feier des Lebens. „Viva La Vida“ – Es lebe das Leben! Fastnacht verbindet verschiedene Traditionen und Anlässe. Zum einen geht es darum, es vor der Fastenzeit nochmal so richtig krachen zu lassen. Die Zwänge von Kirche und Alltag hinter sich lassen und lustvoll über die Stränge schlagen. Die Kostüme und vor allem die Masken symbolisieren dabei noch eine zweite Ebene. Der Winter wird ausgetrieben und mit ihm die Mächte des Todes. Dabei kann man selbst in die Masken der Dämonen schlüpfen, die vertrieben werden sollen. Ein Verwirrspiel mit den Masken. Wer ist wer? Was ist real? Fastnacht – wilde Feier, Kampf gegen die eisige Macht des Winters und Flucht aus dem Grau des Alltags. Viva La Vida!
Einige von Euch werden beim Vorspiel den Text von „Viva La Vida“ mitgelesen haben. Dabei habt Ihr vielleicht bemerkt, dass der so gar nicht zu einem Partylied passen will. Trägt das Lied eine Maske? Der Text stellt eine bittere Lebensbilanz dar. Ein Tyrann steht vor den Scherben seiner Macht. In dem Lied klingt die römische Besatzung Israels zur Zeit Jesu an. Weitere Assoziationen sind die Kreuzzüge, die blutige Mission „im Namen des Herrn“, die französische Revolution. Das lyrische Ich hatte einst unumschränkte Macht und brachte seinen Gegnern den Tod. Jetzt ist seine Macht zerbrochen und die Revolutionäre fordern seinen Kopf. „Viva la Muerte“ statt „Viva la Vida“? Das lyrische Ich ahnt, dass im Himmel niemand auf es wartet. „St. Peter won’t call my name“.
Trotzdem ist der Titel „Viva la vida“ mit Bedacht gewählt. „Es lebe das Leben!“ Aufstehen gegen die Mächte des Todes, die das lyrische Ich des Liedes repräsentiert. Das passt zur politischen Haltung der Band. Coldplay engagieren sich für Oxfam, eine Organisation, die gegen den Hunger und die Ungerechtigkeit in der Welt kämpft. Es ist ein Kampf gegen die Mächte des Todes. Aber dieser Kampf wird nicht verbissen geführt. Es ist ein Kampf, der aus der Liebe zum Leben hervorgeht. Und deshalb hat Lebensfreude Platz in diesem Kampf. Musik, so beschwingt wie die Melodie von „Viva la Vida“. Feiern gehört dazu. Feier des Lebens.
„Feier des Lebens“ ist auch die Überschrift, die die Kirchengemeinde, wo meine Mutter gelebt hat, dem Gottesdienst gegeben hat. Es gab dort ein Begleitheft für den Gottesdienst, in dem die Liturgie, also der Ablauf des Gottesdienstes, abgedruckt und erklärt war. Auf diese Weise war es für Menschen, die sich selten bis gar nicht in die Kirche verirren, leichter, den Gottesdienst mitzufeiern, wenn es sie dann doch einmal dahin verschlagen hat. Und dieses Liturgieheft hieß eben „Feier des Lebens“.
Das mag manche von Euch jetzt eher befremden. Die Gottesdienste, die Ihr so kennt, haben vermutlich in der Regel eher wenig mit einer Party zu tun. Doch zum einen gibt es da große Unterschiede. Eine Gospelmesse hat schon eher Partycharakter. Zum anderen kann sich Feier und Lebensfreude in ganz verschiedenen Formen ausdrücken. In der wilden Ausgelassenheit der Fasnet und in den ruhigeren Liedern und Gebeten vieler Gottesdienste. Manches ist auf den ersten Blick nicht so leicht zu erkennen. Wie bei den Masken an Fastnacht.
„Freuet euch im Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch!“ (Phil 4,4) Dieses Wort aus dem Brief des Paulus an die Philipper hat sich die 5a für ihre Fasnets-Andacht heute früh ausgesucht. Es ist für sie Ausdruck der Lebensfreude, wie sie an Fastnacht gefeiert wird. Das ist eine passende Wahl. Zugleich ist auch dieses Wort doppelbödig, trägt gewissermaßen eine Maske. Paulus schreibt den Philipperbrief aus dem Gefängnis heraus. Trotz dieser dunklen Lage fordert er die Christen zur Freude auf. Denn er ist überzeugt: „Der Herr ist nahe.“ „Sorgt euch um nichts“ ruft er der Gemeinde zu. Verlasst euch ganz auf Gott. Bestürmt ihn mit euren Bitten. „Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, wird eure Herzen und Sinne bewahren in Christus Jesus.“
Paulus ist überzeugt davon, dass in Jesus Christus Friede und Freude begründet sind. In aller Dunkelheit und in aller Verwirrung können wir bei ihm Licht und Klarheit finden. Manchmal ist gerade das Wechselspiel reizvoll. Ein bisschen Chaos und das Verwirrspiel mit den Masken an Fastnacht. Und dann die Fastenzeit als eine Zeit der Konzentration und der Klarheit. Das Sammeln der Kräfte, um für das Leben aufstehen zu können. So ernst die Fastenzeit auch ist, ist sie doch auch eine Zeit der Vorfreude. Der Vorfreude auf Ostern, das Fest der Auferstehung Jesu, das Fest des ultimativen Sieges des Lebens über den Tod. Viva la Vida!
Arnold Glitsch-Hünnefeld
Video: Viva la vida (Coldplay)