Prüfet alles und behaltet das Gute!

Andacht zur Jahreslosung

Heidi Reubelt, Jahreslosung 2025 (Auszug – das gesamte Bild findet sich am Ende des Beitrags)

„Prüfet alles und behaltet das Gute!“ Diese tiefgreifenden Worte sind nicht nur ein einfacher Aufruf, sondern eine Herausforderung, die uns in unserem Leben als Christinnen und Christen begleitet. Sie stammen aus dem ersten Brief des Paulus an die Thessalonicher, einem der ältesten Schriftstücke des Neuen Testaments. Und wie wichtig diese Botschaft ist, erkennen wir, wenn wir sehen, wie Paulus mit den Herausforderungen der frühen Christlichen Gemeinden umging. 

Paulus schreibt: „Prüfet alles, das Gute behaltet.“ Dies geschieht ziemlich am Schluss des Briefes, was darauf hindeutet, dass es eine zentrale Bedeutung hat. Er erwartet, dass die Empfänger seines Briefes nicht blind alles annehmen, was ihnen begegnet, sondern kritisch und wachsam sind. Diese Wachsamkeit ist auch für uns wichtig. Wir leben in einer Zeit, in der wir ständig neuen Informationen, Meinungen und Strömungen ausgesetzt sind – sowohl in der Schule als auch in der digitalen Welt. 

Doch was sollen wir eigentlich prüfen? Worauf müssen wir achten? Hier stehen wir vor vielen Fragen. Was ist das Gute? Und wie erkennen wir es? Wie orientieren wir uns? Paulus gibt uns einige Antworten. Direkt vor der Aufforderung, alles zu prüfen, ermutigt er die Thessalonicher, „wach“ zu sein: „Ihr alle seid Kinder des Lichtes und Kinder des Tages.

Wir sind nicht von der Nacht noch von der Finsternis.“ Dies ist ein starkes Bild, das uns einlädt, mit offenen Augen und Herzen durch die Welt zu gehen. Gott, als das Licht in der Welt, zeigt uns nicht die vollständige Realität, sondern öffnet vielmehr den Weg zu unserem Verständnis und zur Erkenntnis. Es bedeutet für mich, nicht in der Dunkelheit zu verweilen, sondern aktiv die Dinge zu hinterfragen und aufmerksam zu sein, um durch das Licht der Wahrheit das Gute zu entdecken, das uns umgibt. 

Hier möchte ich auch auf die heute oft vorhandene Verwirrung hinweisen. Wir haben heutzutage Zugang zu einer unglaublichen Menge an Informationen, aber das bedeutet nicht, dass alles, was wir hören oder lesen, gut ist. Es liegt an uns, kritisch zu überlegen: „Was ist wahr? Was bringt Frieden? Was fördert die Freude in meinem Leben und in der Gemeinschaft?“  

Um diese Fragen zu veranschaulichen, möchte ich uns auf das Bild von Frau Reubelt konzentrieren, welches uns die Vielschichtigkeit dieser Herausforderung vor Augen führt. Das Bild zeigt eine Zusammenschau aus verschiedenen Gesichtern, die ineinander übergehen und sich teilweise überlagern. Die Gesichter scheinen unterschiedlichen Altersstufen anzugehören und blicken prüfend auf Etwas oder  horchen in sich hinein.  Dabei tritt die Vielfalt an Erfahrungen und Perspektiven, die in dem Bild vorhanden ist, hervor.  

Das prüfende Blicken auf etwas deutet darauf hin, dass diese Personen eine wichtige Entscheidung treffen, einen Moment reflektieren oder eine Situation bewerten. Gleichzeitig deutet das „Horchen in sich hinein“ darauf hin, dass sie in sich selbst hineinspüren und ihre eigenen Gefühle, Gedanken oder Erinnerungen erkunden. Insgesamt vermittelt die Aussage ein Bild von Achtsamkeit, kritischem Reflektieren und einem tiefen Nachdenken über die Welt um sich herum sowie über die eigenen inneren Zustände.  

Die Farbigkeit ist intensiv, die Gesichter teilweise mit kräftigen Konturen umrandet, wodurch die Spannung zwischen den Gesichtern verstärkt wird. Der Hintergrund ist ebenfalls bunt und unruhig, mit vielen Linien und Flecken, die an Wasser erinnern und den Eindruck von Tiefe und Beweglichkeit vermitteln. Im Vordergrund steht der Text „Prüft alles, und das GUTE behaltet.“, der in Großbuchstaben geschrieben ist und deutlich sichtbar im Zentrum des Bildes platziert ist.    

Wenn ich darüber nachdenke, kann das Gute auf verschiedene Arten interpretiert werden: Auf der einen Seite erscheint es einfach als eine Bewertung, also etwas, das wir als gut erkennen und einordnen können. Auf der anderen Seite ist die Betrachtung des Begriffs „das Gute“ komplexer, da er auch ein konkretes Objekt oder einen Gegenstand, also ein Gut bezeichnet, das wir begreifen können. In beiden Fällen bleibt die Idee bestehen, dass wir nach dem Guten streben sollten – als ein Wunsch oder Ziel, das wir erreichen möchten. Es lohnt sich also, die Welt zu hinterfragen, uns mit diesen Themen auseinanderzusetzen und aktiv nach dem Guten zu streben. Auch dann, wenn dieser Weg anstrengend und mühsam ist. 

Die Gesichter im Bild stehen hier stellvertretend für die Menschen in unterschiedlichen Lebensphasen. Jedes Gesicht erzählt eine eigene Geschichte, spiegelt verschiedene Erfahrungen und Perspektiven wider.  So wie die Gesichter im Bild miteinander verbunden sind, sind wir als Menschen ebenfalls miteinander verbunden. In unserer Schulgemeinschaft, in unseren Familien, in unserer Gesellschaft.  

Verschiedene Blickwinkel führen zu unterschiedlichen Betrachtungsweisen und damit zu vielfältigen Sicht- und Denkansätzen. Die unterschiedlichen Ausrichtungen der Gesichter im Bild zeigen mir, dass wir die Welt aus zahlreichen Perspektiven betrachten können. Es gibt nicht nur eine einzige Wahrheit, sondern viele Sichtweisen, die wir uns aneignen und zu verstehen versuchen sollten. 

Die intensiven Farben und Konturen des Bildes verdeutlichen die Kraft und die Komplexität des menschlichen Lebens. Die Gesichter scheinen mit uns zu sprechen, uns zu fordern, unsere eigenen Wahrnehmungen zu hinterfragen und uns auf die Suche nach dem Guten zu begeben. Sie bieten keine allgemeingültige Wahrheit an und fordern uns auf unsere Wahrnehmung immer wieder miteinander im Diskurs zu prüfen und als Erkenntnis zu erweitern.  

Die Mitte des Bildes mit den Wasserstrukturen erinnert uns an das Unterbewusste, das zu Ergründende, die Suche nach der Wahrheit. Wenn wir erkennen, was gut ist, dann sollen wir das GUTE behalten. Behalten und erhalten, was Leben wert macht und schützt. Was dem Leben HALT gibt. Das Gute, so wie es im Zentrum des Bildes im Text steht, ist etwas Wertvolles, etwas, das es zu bewahren gilt.  

Paulus geht weiter und hebt hervor: „Seht zu, dass keiner dem andern Böses mit Bösem vergelte, sondern jagt allezeit dem Guten nach, füreinander und für jedermann.“ Dieses Prinzip des gutmütigen und offenen Umgangs ist essenziell. Es stellt uns vor die Aufgabe, nicht in den Reflex der Rache zu verfallen, sondern aktiv das Gute zu suchen. In unserer Schulgemeinschaft, in unseren Freundschaften – lasst uns in einer Haltung des Miteinanders und der gegenseitigen Unterstützung nach dem Guten streben. 

Aber wie können wir das Gute erkennen? Diese Erkenntnis ist oft nicht sofort gegeben und erfordert Zeit, Reflexion und das Gebet. Es ist eine Einladung, uns immer wieder mit dem Wort Gottes auseinanderzusetzen, um so unsere „Prüfkriterien“ zu schärfen. Paulus sagt uns: „Seid allezeit fröhlich, betet ohne Unterlass, seid dankbar in allen Dingen.“ Diese Achtsamkeit und Dankbarkeit sollten unser Handeln dominieren. Sie sind der Schlüssel zur Erfahrung des Guten in unserem Leben. 

Paulus verbindet hier das Prüfen des Guten, also eine oftmals sehr anstrengende und belastende Situation, mit der Aufforderung, fröhlich zu sein, weil eine positive und optimistische Haltung unsere Fähigkeit fördert, das Gute wirklich zu erkennen und zu schätzen. Diese Fröhlichkeit, die er in den Vordergrund stellt, ist mehr als nur ein Gefühl; sie ist eine schöpferische Kraft, die uns inspiriert, mit einem offenen Herzen und einem klaren Geist auf die Welt zu blicken. 

Wenn Paulus sagt: „Seid allezeit fröhlich, betet ohne Unterlass, seid dankbar in allen Dingen“, ermutigt er uns, eine Haltung der Dankbarkeit und Freude gegenüber dem Leben einzunehmen. Diese Einstellung hilft uns, in schwierigen Zeiten die kleinen Dinge zu sehen, die Freude und Licht bringen.  

Fröhlichkeit und Dankbarkeit sind eng mit dem Prozess des Prüfens verbunden. Sie fördern Reflexion und helfen uns, das Gute nicht nur zu erkennen, sondern auch in unserem Leben anzuwenden. Eine dankbare Haltung macht uns aufnahmefähiger für die positiven Aspekte in unserer Umgebung und lehrt uns, die Segnungen zu schätzen. Dadurch wird das Prüfen nicht als schwere Aufgabe wahrgenommen, sondern als freudige Entdeckungsreise, bei der wir im Gebet und in der Auseinandersetzung mit dem Wort Gottes unsere Werte und Prinzipien festigen können.  

So entsteht ein Kreislauf, in dem Dankbarkeit und Fröhlichkeit unsere Perspektive schärfen und uns helfen, das Gute zu erkennen, während das Gute uns wiederum Freude und Dankbarkeit bringt. 

In dieser Zeit der Prüfungen, wie wir sie besonders in der Schule erleben, dürfen wir diese Aufforderung als Bild nehmen: Wir werden oft geprüft – sei es in Klausuren oder in verschiedenen Lebenssituationen. Aber wir sind auch gleichzeitig aufgerufen, Prüferinnen und Prüfer zu sein. Hier kommt unsere Verantwortung ins Spiel. Wenn wir wählen, welche Informationen wir annehmen, welche Werte wir vertreten und wie wir handeln, treffen wir täglich Entscheidungen, die weitreichende Folgen haben. 

Was tun wir mit dem, was wir kritisch prüfen und als nicht gut empfinden? Paulus gibt uns hier wichtige Anhaltspunkte: „Löscht den Geist nicht aus; verachtet das prophetische Reden nicht.“ In diesem Kontext bezieht sich der Begriff „Geist“ vor allem auf den Heiligen Geist, der in der christlichen Tradition die dritte Person der Dreifaltigkeit darstellt – zusammen mit dem Vater und dem Sohn. Der Heilige Geist ist der Beistand und die Kraft Gottes, die in den Gläubigen wirkt. Wenn Paulus uns auffordert, den Geist nicht „auszulöschen“, meint er, dass wir seine Führung und Inspiration in unserem Leben respektieren und annehmen sollen. 

Der Geist ist eine wesentliche Quelle der Einsicht, die uns hilft, die Wahrheit in unserem Glaubensleben zu erkennen. Indem wir die „prophetische Rede“ wertschätzen, zeigen wir, dass wir bereit sind, die verschiedenen Stimmen – sowohl in uns selbst als auch in der Gemeinschaft – zu hören, die durch den Geist inspiriert sind. Diese Stimmen können uns dazu beitragen, kritisch zu denken und uns von dem zu trennen, was uns nicht guttut. 

Der Geist hat auch die Kraft, uns zur Veränderung zu ermutigen. Wenn wir uns mit dem beschäftigen, was wir als schlecht erachten, fordert uns Paulus dazu auf, den Mut zu zeigen, uns von Gewohnheiten oder Überzeugungen zu lösen, die uns schädigen, auch wenn das herausfordernd und unangenehm sein kann. Der Hinweis, den Geist nicht auszuschalten, ermutigt uns, uns für die Transformationskraft des Geistes zu öffnen, um wirkliches Wachstum in unserem Glaubensleben zu erfahren. 

Zusätzlich ist der Geist nicht nur in unserem individuellen Leben wirksam, sondern auch in der Gemeinschaft der Gläubigen. Paulus zeigt, dass es wichtig ist, einander zuzuhören und die verschiedenen prophetischen Stimmen in unserer Mitte zu respektieren. Dies fördert eine Kultur des gemeinsamen Suchens nach der Wahrheit und der Unterstützung, während wir uns mit kritischen Einsichten auseinandersetzen. 

Schließlich erinnert uns Paulus daran, achtsam mit dem Geist umzugehen. Das „Auslöschen“ des Geistes kann uns dazu verleiten, herausfordernde Fragen oder Wahrheiten zu ignorieren, besonders wenn sie unseren bisherigen Überzeugungen widersprechen. Indem wir uns jedoch aktiv dem Geist öffnen und seine Eingebungen annehmen, können wir die Abwehrhaltung gegenüber kritischen Stimmen überwinden und uns in unserer Glaubensgemeinschaft auf das Gute konzentrieren. 

In Römer 12,2 sagt Paulus: „Gleicht euch nicht dieser Welt an, sondern lasst euch verwandeln durch die Erneuerung des Denkens, damit ihr prüfen und erkennen könnt, was der Wille Gottes ist: das Gute, Wohlgefällige und Vollkommene!“ Dies ist der Grundsatz, der uns helfen kann, in einer Welt voller Entscheidungen und Herausforderungen beständig zu bleiben. Die Erneuerung unseres Denkens geschieht nicht über Nacht, sondern ist ein kontinuierlicher Prozess, der von uns verlangt, aktiv und bewusst zu leben. 

Lasst uns gemeinsam in diesem Jahr auf die Reise gehen, um die tiefere Bedeutung von „dem Guten“ zu entdecken! Welche alltäglichen Entscheidungen können wir treffen, die nicht nur unser eigenes Leben bereichern, sondern auch das unserer Mitmenschen mit Freude erfüllen? Wie können wir unser Dasein so gestalten, dass unser Wirken eine strahlende positive Wirkung entfaltet? Wenn wir das Gute in unserem Leben identifiziert haben, lasst uns mit Überzeugung und Hingabe daran festhalten – als eine Quelle der Stärkung und des Haltens. Lassen wir uns nicht nur anstecken von der Kraft des Guten, sondern ermutigen auch andere, ihre eigene Reise zu beginnen. Gemeinsam können wir eine Welle der Positivität erzeugen, die weit über uns hinausreicht und unsere Gemeinschaft erblühen lässt, Halt gibt und uns stärkt! 

 Abschließend möchte ich euch auf den Weg mitgeben: „Prüfet alles, das Gute behaltet“ ist nicht nur ein Appell, sondern eine Einladung, aktiv im Vertrauen auf Gott das Gute zu suchen. Diese Haltung hilft uns, Werte und Prinzipien zu entwickeln, die uns in schwierigen Zeiten tragen. In einer Zeit, die von Informationsflut geprägt ist, ist kritisches Denken unerlässlich. Gemeinsam müssen wir Respekt und Solidarität fördern, damit sich jeder in der Schulgemeinschaft unterstützt fühlt. 

Die Reflexion über persönliche Werte ist entscheidend für das individuelle Wachstum und eine positive Einstellung fördert unser Wohlergehen. Konstruktive Konfliktlösungen sind notwendig, um ein harmonisches Schulklima zu schaffen. Ich ermutige alle, Verantwortung für ihre Entscheidungen zu übernehmen und Herausforderungen als Chancen für persönliches Wachstum zu betrachten. Lassen Sie uns das Streben nach dem Guten als Fundament unserer Gemeinschaft fest verankern und gemeinsam eine positive Atmosphäre schaffen, in der jeder sein Bestes geben kann. 

N. Franke