„Kleine Freuden“

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Dieser Mann stand heute früh vor unserem Schlafzimmer. Fällt euch etwas an ihm auf? Richtig, es ist nicht der Weihnachtsmann. Nicht nur, weil er keinen roten Mantel trägt, sondern weil er durch die Mütze und den Stab als Bischof erkennbar ist. Es war gar nicht so einfach, zwischen all den Weihnachtsmännern einen Schokoladen-Nikolaus zu finden. Aber Nikolaus und nicht der namenlose Weihnachtsmann hat heute seinen Namenstag.

Den Nikolaus, der in der katholischen Kirche als Heiliger verehrt wird, hat es wirklich gegeben. Er lebte im 3. und 4. Jahrhundert und war Bischof von Myra. Das liegt in der heutigen Türkei. Nach dem Tod seiner Eltern erbte er ein Vermögen und verteilte es unter die Bedürftigen. Das war möglicherweise der Ausgangspunkt für die zahlreichen Legenden, die sich um seine Person ranken.

Der Brauch, dass der „Nikolaus“ nachts heimlich Geschenke in Stiefeln oder Socken versteckt, dürfte auf eine der ältesten Geschichten zurückgehen: Es wird erzählt, dass ein armer Mann drei Töchter hatte, aber kein Geld für eine Mitgift, um sie standesgemäß zu verheiraten. In seiner Not entschied er sich, sie als Prostituierte herzugeben, damit sie so ihren Lebensunterhalt verdienen könnten. Nikolaus hörte davon und warf nachts heimlich einen Klumpen Gold durchs Fenster der ersten Tochter. Eine Nacht später wiederholte er das bei der zweiten Tochter. Als er in der dritten Nacht wieder einen Goldklumpen ins Haus warf, passte ihn der Vater ab, fand so heraus, wer der Wohltäter war und dankte ihm. Alle Töchter konnten heiraten.

Eine moderne Variante der Nikolausgeschenke veranstaltet alljährlich unsere SV: Send a Clause.

Menschen an unserer Schule verschicken Klausenmänner aus Hefeteig und Grüße an andere Mitglieder der Schulgemeinde. In der Regel nicht heimlich wie der Nikolaus, aber manchmal schon. So oder so bereiten sie den Adressaten eine Überraschung und eine kleine Freude.

Und noch weitere kleine Freuden hat die SV in ihrem Gepäck:

Den Adventskalender und die Kränze am Kirchturm. Die Sprüche im Adventskalender regen zum Schmunzeln oder zum Nachdenken an. Zuerst diejenigen Klassen oder Kurse, die sie ausgesucht haben, dann die, die sie lesen. Und die Kränze leuchten und bringen ein bisschen Licht ins Dunkel. Dasselbe gilt auch für die Adventsfenster, die die 5ten Klassen im Kunstunterricht gestaltet haben und die jetzt die Fenster im evangelischen Gemeindehaus schmücken.

Solche kleinen Freuden können wir in diesen Tagen gut gebrauchen. Das Wetter ist wechselweise kalt oder nass, die Tage sind kurz und die dunklen Stunden überwiegen die hellen. Da tut ein bisschen Licht gut. Mehr noch als der Winter lasten die bedrückenden Nachrichten aus aller Welt auf der Seele. Die Kriege im Gazastreifen, in der Ukraine und an so vielen anderen Orten der Welt. Die Sorgen um das Klima, die auch die Konferenz in Dubai kaum mildern wird. Dazu der Streit um den Haushalt unseres Landes. Die Frage, was Priorität hat, ob der Rotstift beim allgemeinen Wohlstand oder bei den Bedürftigen angesetzt wird. Oder der Streit um das Thema Migration.

In einer Zeit, in der der Zusammenhalt zwischen Menschen immer mehr verloren zu gehen scheint, sind Zeichen der Verbundenheit besonders wertvoll. Wo uns von anderen Menschen das Herz gewärmt wird, fällt es uns vielleicht ein bisschen leichter, ein weiches und weites Herz zu zeigen. Ein weites Herz wie das des Bischofs von Myra, der sein Erbe an die Armen verschenkte. Für ihn waren die Prioritäten klar. So klar, wie sie auch in der Bibel festgehalten sind: Gerechtigkeit in einem Volk gibt es nur dann, wenn auch den Schwachen und Bedürftigen Gerechtigkeit widerfährt.

„Machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch, dass der König der Ehre einziehe.“ Wegen dieser Zeilen ist der 24ste Psalm für Christen zum Adventspsalm geworden. Jesus Christus ist der König der Ehre, auf dessen Ankunft wir uns im Advent vorbereiten. Er hat später gesagt: „Was ihr getan habt, einem von diesen meinen geringsten Geschwistern, das habt ihr mir getan.“ Konkret meint er, dass Hungrige gespeist, Nackte gekleidet und Fremde aufgenommen wurden.

„Machet die Tore weit“ ist das Gegenteil von „Macht die Grenzen dicht“. Und es ist kein Zufall, dass mit dem 1. Advent die großen Spendenaktionen der evangelischen und der katholischen Kirche anlaufen: „Brot für die Welt“ und „Adveniat“. In diesem Zusammenhang ist es ein schönes Zeichen, dass Familien aus unserer Unterstufe eine Bastelaktion zu Gunsten unserer Patenkinder in Äthiopien und Haiti durchgeführt haben: Darmi Gelgelo und Wadley Occean. Über 200 „Sorgenwürmer“ wurden gehäkelt; die Hälfte für einen hiesigen Hotelbetrieb, der damit die Gäste zu Weihnachten erfreuen wird, die anderen werden bei unseren Weihnachtskonzerten verkauft. Auch diese Patenschaft ist ein Zeichen der Verbundenheit und mehr als nur eine kleine Freude.

Lassen wir uns vom Geist des Advents anstecken. Erfreuen wir einander mit kleinen Freuden. Und öffnen wir unsere Herzen für die Menschen in Not. Dass wir unseren Wohlstand nicht engherzig verteidigen, sondern großzügig teilen.

Arnold Glitsch-Hünnefeld