Was bleibt für die Ewigkeit? 

Mittwochsandacht_online

Wien ist eine Reise wert. Ach was! Eine Reise reicht bei Weitem nicht aus. Ein Ort, der mich in Wien immer wieder anzieht, ist der Zentralfriedhof. Er ist riesig. Drei Straßenbahnhaltestellen liegen an seiner Mauer. Zwei Joggingstrecken sind auf dem Gelände ausgewiesen. Deren Motto lautet „silent run“. Es gibt einen eigenen Shop mit Merchandise und ein Bestattungsmuseum. Die Wiener lieben ihren Friedhof. 

Vor allem gibt es jede Menge eindrucksvolle Grabmale. Auf dem Friedhof sind viele Prominente bestattet und werden mit entsprechend ausgefallenen Grabmalen geehrt. Z.B. Beethoven, Udo Jürgens oder Falco. Oder auch Manfred Deix, ein bekannter Cartoonist. Dieser Grabstein leitet schon über zu einer zweiten Gruppe, nämlich Künstler*innen, die ihre Grabsteine selbst entworfen haben. Manches davon finde ich ansprechend, manches eher speziell. Manche Grabmale sind ziemlich bombastisch. Viele andere gar nicht so sehr. 

Was bleibt, wenn wir einmal nicht mehr da sein werden? Grabmale drücken den Wunsch aus, dass etwas bleibt, dass etwas an uns erinnert, wenn wir gestorben sind. Aber ein Gang über den Wiener Zentralfriedhof zeigt auch: Das gilt in aller Regel nicht für die Ewigkeit. Auch Gräber sind endlich. Der orangene Aufkleber auf dem Grabstein rechts weist darauf hin, dass das Nutzungsrecht für die Grabstelle abgelaufen ist. Diese Aufkleber sieht man gar nicht so selten. In absehbarer Zeit wird das Grab abgeräumt. Dann werden die Gebeine tiefer gelegt und ein neues Grab kommt an die Stelle. In einer Großstadt wie Wien ist das kaum anders möglich. Der Platz ist begrenzt. Aber auch auf unseren Friedhöfen ist das so üblich. 

Was aber bleibt, wenn kein Grab mehr da ist, das an uns erinnert? Die Erinnerungen der Menschen, die uns nahestanden? Aber wenn auch die irgendwann nicht mehr leben? Was bleibt wenn sich niemand mehr an uns erinnert? 

Der vergangene Sonntag war der letzte im Kirchenjahr. Der Totensonntag oder Ewigkeitssonntag. Früher sagte man eher Totensonntag, heute eher Ewigkeitssonntag. Es gibt da offenbar eine gewisse Doppeldeutigkeit. Das zeigt sich auch bei der liturgischen Farbe für den Sonntag. Früher wurden die grünen Paramente gehängt wie bei den meisten Sonntagen zuvor. Inzwischen ist die liturgische Farbe Weiß. Weiß ist in der Christenheit die Christusfarbe. Der Ewigkeitssonntag ist also in besonderer Weise mit Christus verbunden. 

Der Wochenspruch für den Totensonntag ist aus Psalm 90: „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.“ Vor der Frage, ob sich jemand an uns erinnern wird, werden wir an etwas erinnert. Daran das unser Leben endlich ist. Das kann uns eine Mahnung sein, unsere begrenzte Lebenszeit sinnvoll zu nutzen. 

Aber das ist nicht alles. Der Psalm beginnt mit den folgenden Worten: „Herr, du bist unsre Zuflucht für und für. Ehe denn die Berge wurden und die Erde und die Welt geschaffen wurden, bist du, Gott, von Ewigkeit zu Ewigkeit. Der du die Menschen lässest sterben und sprichst: Kommt wieder, Menschenkinder! Denn tausend Jahre sind vor dir wie der Tag, der gestern vergangen ist, und wie eine Nachtwache.“ 

Gott ist der Herr der Zeit. Er war von Ewigkeit her da. Und er wird in Ewigkeit sein. Er hat uns ins Leben gerufen. Und er ruft uns am Ende wieder zu sich: „Kommt wieder Menschenkinder.“ Bei ihm ist kein Mensch vergessen. Sondern bei ihm bleiben wir bewahrt in Ewigkeit. 

Deshalb ist der Totensonntag der Ewigkeitssonntag. Und deshalb gehört zu diesem Sonntag die Christusfarbe Weiß. Jesus Christus ist uns den Weg vorausgegangen. Er ist den Weg in den Tod gegangen und durch den Tod und die Auferstehung hindurch in Gottes Ewigkeit. Dort werden wir einst mit ihm vereint sein. Das bleibt in Ewigkeit. 

Arnold Glitsch-Hünnefeld