Gottesdienst zum Schuljahresende

Mut, Vertrauen und Hoffnung als Schätze des Lebens

Wir wünschen allen Mitarbeitern, Schülern und Eltern schöne Ferien und gute Erholung!

Endlich Ferien! Die letzten Schulwochen waren für Viele noch einmal fordernd. Ich fühle mich auf jeden Fall urlaubsreif. „Reif für die Insel“, um mit Peter Cornelius zu sprechen. Der ist ein österreichischer Liedermacher und Popsänger und „Reif für die Insel“ war einer seiner großen Hits Anfang der 80er. In dem Lied träumt er davon, aus dem Alltagsstress auszubrechen, was aber irgendwie dann doch nie geschieht.

Eine Insel stand auch im Zentrum der diesjährigen Schlosstheateraufführung. Es trägt den Titel „Die Insel – Verflucht auf ewig?“

Es dauert noch eine Weile, bis Valoras flammender Appell Wirkung zeigt. Zuvor werden die vielen Handlungsstränge des Stücks versorgt, die wir im Rahmen dieses Gottesdienstes nicht berücksichtigen konnten. Geschichten von Liebe und Tod, von schwarzer und weißer Magie, von (vermeintlichem) Verrat und Versöhnung und von noch viel mehr. Wer das Stück nicht ganz gesehen hat, hat etwas verpasst. Es war einmal mehr beeindruckend. Am Ende tun sich die Crews beider Schiffe und die Inselbewohner zusammen, überwinden die Angst, mit Hilfe derer Morgana sie beherrscht, und brechen den Bann des Hasses. Als sie am Ende die Schatzkiste endlich öffnen können, ist diese leer. Der Schatz besteht offenbar nicht aus Gold und Dublonen.

Die Wesen und Menschen auf der Insel sind in mehrfacher Hinsicht gefangen. Ein Ort, von dem man nicht wegkommt, wäre vielleicht eher ein Bild für die Schule oder andere Zwänge als für Urlaub. Andererseits: Wäre ewiger Urlaub nicht auch ein Fluch oder eine Art Gefängnis? Die Personen auf der Insel sind zum einen in ihren Gewohnheiten gefangen. Jonathan, der Zauberer, spricht von zwei Wegen. „Deutlich ist der eine Weg: Gewohnt und ungefährlich, aber auch wenig amüsant.“ Es braucht Mut, um aus dem gewohnten Trott auszubrechen. „I frag mi, warum i no‘ da bin. Zum Aussteig’n bin i scheinbar zu feig“ singt Peter Cornelius in „Reif für die Insel“. Ferien bieten die Chance, das Gewohnte – vorübergehend und vielleicht versuchsweise – einmal hinter sich zu lassen.

Für die Piraten sind Kampf und Gewalt das Gewohnte. Ob es ihnen nun gefällt oder nicht. In einer wunderschönen Szene kämpfen Gabriel von der schwarzen Galeone und Albert von der Vogelfrei gegeneinander. Eigentlich würden sie viel lieber ihre gemeinsame Leidenschaft für Glasblättertee ausleben. Außerdem müssen sie das Gefecht ständig unterbrechen, weil der Tierliebhaber Albert Sorge hat, sie könnten einen seltenen Käfer zertreten. Schließlich gestehen sie sich ein, dass sie eigentlich gar keine Lust zum Kämpfen haben. Aber sie nehmen einander das Versprechen ab, das niemandem weiterzusagen. Die Routinen von Kampf und Gewalt zu überwinden, erfordert Mut. Die Bereitschaft zusammenzuarbeiten und miteinander zu teilen ist für die Piraten ungewohnt. Im Stück ist es ein Lernprozess, bis sie dazu in der Lage sind.

Morganas Herrschaftsinstrumente sind Angst und Hass. Sie nutzt z.B. die Unzufriedenheit einzelner Crewmitglieder, um sie gegen ihre Kapitäne aufzuhetzen. Sie selbst ist von Hass zerfressen und überträgt diesen auf die Menschen um sie herum. Das wird für die Menschen zur tödlichen Gefahr. „Divide et impera.“ Das Rezept, Menschen zu spalten, um sie zu beherrschen, findet in unserer Gegenwart wieder vielfach Anwendung.

Es braucht Willen und Mut, etwas dagegen zu setzen. Den Willen hat unsere Schule zum Ausdruck gebracht, in dem sie dem Netzwerk „Schule ohne Rassismus. Schule mit Courage“ beigetreten ist. Allzu viel Mut brauchte es in unserer Region dazu nicht. In anderen Gegenden Deutschlands werden Schulen massiv angefeindet, die diesen Schritt gegangen sind. Arbeiten wir daran, dass es bei uns nicht so weit kommt.

Der Beitritt war ein Anfang. Es liegt an uns, dieses Motto immer neu mit Leben zu füllen. Lasst uns nicht zulassen, dass Spaltungen unsere Schulgemeinschaft gefährden. Lasst uns respektvoll und fair miteinander umgehen. Lasst uns Zeichen setzen und Zeichen sein für Integration und die Achtung der Würde unserer Mitmenschen. Lasst uns mit Energie und Phantasie dieses Ziel verfolgen. Dafür Kraft zu tanken, auch dazu können die vor uns liegenden Ferien dienen.

Im Theaterstück ist es der gemeinsame Mut aller, der es vermag, den Bann aus Hass, Angst und Spaltung zu überwinden. Erst als sich alle zusammentun, gelingt ihnen das. Dazu müssen sie das Misstrauen, dass sie gegeneinander hegen, überwinden oder zumindest vorübergehend beiseiteschieben. Mut erfordert Vertrauen.

Davon erzählt eine Geschichte aus der Bibel. Auch in ihr landen Schiffbrüchige auf einer Insel. Paulus und seine Weggefährten sind auf dem Weg nach Rom. Trotz unsicherer Wetterlage und gegen den Rat des Paulus stechen sie von Kreta aus in See. Ein Sturm kommt auf und die Menschen an Bord verlieren alle Hoffnung. Doch Paulus hindert sie daran aufzugeben und sichert ihnen zu, dass sie alle mit dem Leben davonkommen werden. Vor der Insel Malta bricht das Schiff auseinander, aber alle können sich ans Ufer retten. Von den Einheimischen werden die Fremden freundlich aufgenommen. Paulus und die Seinen heilen im Namen Gottes Kranke. Am Ende setzen sie reich beschenkt ihre Reise fort.

Paulus und die Seinen sind nicht auf der Suche nach einem Schatz, sondern sie haben einen Schatz dabei, den sie bereitwillig teilen. Es ist ihr christlicher Glaube. Ihr unerschütterliches Vertrauen in Gott, das ihnen hilft, dass sie trotz Sturm und Schiffbruch den Mut nicht sinken lassen. Mut braucht Vertrauen. Vertrauen darein, dass gelingen kann, was man wagt. Vertrauen, dass der Weg richtig ist und einen Sinn hat, selbst wenn man scheitern sollte. Vertrauen in einen, der einen im Gelingen und im Scheitern festhält und behütet. Vertrauen in Gott, der Menschen begleitet, wohin immer ihre Reise geht. Und der die Menschen annimmt mit ihren ganz wunderbaren Seiten und mit ihren Brüchen und unvollkommenen Seiten. Dieses Vertrauen schenkt Freiheit, das eigene Leben zu leben. Mut, Vertrauen, Freiheit, das sind wahre Schätze des Lebens. Anders als Gold und Dublonen kann man sie nicht sehen, aber spüren.

Wo Menschen aus dem Vertrauen in Gott leben, stärkt das ihren Mut zum Leben. Dieses Vertrauen stärkt auch den Mut, sich selbst und andere Menschen anzunehmen. Dieser Mut kann dazu beitragen, Spaltungen zu überwinden. Ich wünsche Euch und uns allen dieses Vertrauen und diesen Lebensmut. Möge Gott Euch behüten auf allen euren Wegen in den Ferien. Möge er uns gesund wieder zusammenführen. Und möge er uns auch im neuen Schuljahr als gelingende Gemeinschaft wachsen lassen.

(A. Glitsch-Hünnefeld)