Das Kreuz – paradoxes Symbol der Hoffnung

Mittwochsandacht_online

Willkommen zurück aus den Osterferien! Obwohl – möglicherweise fühlt sich das für den einen oder die andere gar nicht so an. Homeschooling, Ferien, jetzt wieder Homeschooling – alles fließt irgendwie ineinander. Das Zeitgefühl geht in dieser Zeit der Corona-Beschränkungen ein Stück weit verloren. Und viele werden die Ferien auch anders geplant haben. Urlaubsreisen z.B. waren nicht möglich. Meine Familie und ich, wir haben zum ersten Mal seit über 10 Jahren Ostern nicht zusammen mit unseren besten Freunden aus Bielefeld verbracht.

Überhaupt: Die Gottesdienste in der Karwoche und Ostern gehörten für mich immer zu den Höhepunkten im Kirchenjahr. In diesem Jahr war das alles – ähnlich wie der Unterricht – nur digital möglich. Zum Karfreitag habe ich meine alte Mutter besucht. Wir haben den Livestream des Gottesdienstes der Landeskirche aus der kleinen Kirche in Karlsruhe auf YouTube mitgefeiert.

Es war schon anrührend, wie meine Mutter mit ihrer durch eine Stimmbandlähmung angegriffenen Stimme die Lieder mitgesungen hat. Ich habe mir vorgestellt, dass sich unser beider Stimmen mit denen von Landesbischof, Pfarrerin und Kantor in Karlsruhe und mit denen anderer Menschen in der Landeskirche, die den Gottesdienst ebenfalls mitgefeiert haben, vor Gott vereint haben. Und trotzdem war es gegenüber den Gottesdiensten der anderen Jahre eine Verlusterfahrung.

Aber passt das nicht gerade zum Karfreitag? Der Tag des ultimativen Verlusts? Jesus stirbt am Kreuz – von seinen Jüngern, ja von Gott verlassen? „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ schreit er. Ich habe mich an ein besonderes Kreuz erinnert. Es besteht aus Steinen, die durch Metallstreben zusammen- und in Form gehalten werden. Jeder Stein mag als Sinnbild für menschliches Leid, menschliche Not oder menschliche Sorgen stehen: Wie wird es angesichts der Verschiebungen mit den Prüfungen funktionieren?

Trauer um Menschen, die Covid 19 oder einer anderen schweren Krankheit zum Opfer gefallen sind. Oder die Sorge um Menschen, die schwer erkrankt sind. Das Flüchtlingselend auf den griechischen Inseln und anderswo. Und so vieles andere mehr. Die Steine im Kreuz machen deutlich, dass Gott all diese Erfahrungen nicht fremd sind. Es selbst hat in Christus am Kreuz gelitten. Der Glaube an ihn klammert Leid und Tod gerade nicht aus.

Aber der Glaube bleibt auch nicht bei Leid und Tod stehen. Das besagte Kreuz steht auf dem Gipfel des Plattkofel in Südtirol. Als ich seinerzeit auf diesen Berg gestiegen bin, hat mich Nebel überrascht. Damals war ich noch so leichtsinnig, dass ich solche Wanderungen alleine unternommen habe. Als ich über einen längeren Zeitraum hinweg im Fels keine Wegmarkierung mehr gesehen hatte und auch kaum ein paar Meter weit sehen konnte, wurde es mir allmählich mulmig. Umso froher war ich, als der Nebel sich lichtete und ich das Kreuz in den Blick bekam.

Ich war zum Glück nur gut 100 Meter von der richtigen Route abgekommen und konnte über die Felsen zum Gipfel queren. Ein Gipfelkreuz steht immer auch dafür, dass der beschwerliche Aufstieg überwunden ist. Das man angekommen ist. Und dass man auch und gerade hier oben in Gottes Hand ist. Das Kreuz steht eben nicht nur für den Karfreitag, sondern zugleich auch für Ostern.

Gottes Wirklichkeit umgreift unsere Wirklichkeit. Bei ihm geht es auch da noch weiter, wo Menschen keinen Ausweg mehr sehen. Seine Wirklichkeit greift über die Pandemie hinaus. Er wird uns begleiten, was immer die Zukunft uns bringen mag. Dieses Vertrauen wünsche ich uns allen.

Arnold Glitsch-Hünnefeld)

Gipfelkreuz auf dem Plattkofel (Quelle: Andreas Schäfer
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Gipfelkreuz_auf_dem_Plattkofel_-_panoramio.jpg
Andreas Schäfer/ CC BY-SA (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)

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