Kleine Schritte oder im Bilde lernen

Mittwochsandacht_online

Quelle: MISEREOR – https://www.misereor.de/fileadmin/publikationen/unterrichtsmaterial-barmherzigkeit-sek1-2016.pdf.

Ich wünsche euch allen einen gesegneten Tag!

Nikolaus von der Flüe war ein erfolgreicher und wohlhabender Landwirt in der Schweiz, verheiratet mit großer Familie. Auch politisch hat Verantwortung übernommen. Bis er sich entschloss, sich in die Einsamkeit zurückzuziehen, um sich klarer zu werden, was wirklich wichtig ist im Leben. Als Hilfe hatte er ein Meditationsbild, von dem er sagte: Das ist das Bild, in dem ich lerne.

Dieses Bild hing übrigens früher als Wandteppich während der Fastenzeit in unserer Melanchthonkirche. Auf ihm gibt es viel zu entdecken, schaut es euch doch einmal in Ruhe an.

In den Ecken sind kleine Quadrate mit den Symbolen für die vier Evangelisten, in der Mitte ist Jesus Christus zu sehen, von dem bzw. auf den sechs Strahlen ausgehen. An den Enden dieser Strahlen sind sechs Medaillons zu sehen. Sie zeigen fast alle Stationen rund um das Leben Jesu. Es beginnt unten (6:00 Uhr) mit der Verkündigung seiner Geburt, dann geht es im Uhrzeigersinn weiter und wir sehen die Geburt Jesu, im nächsten Medaillon die Bergpredigt, oben in der Mitte sein Prozess und seine Passion, danach folgt der Tod am Kreuz. Das sechste Bild zeigt einen Pfarrer bei der Eucharistiefeier. Folgende Rede Jesu half Nikolaus bei seinem Nachdenken.

Vom Weltgericht (Mt 25,31-46): Wenn der Menschensohn in seiner Herrlichkeit kommt und alle Engel mit ihm, dann wird er sich auf den Thron seiner Herrlichkeit setzen. Und alle Völker werden vor ihm zusammengerufen werden und er wird sie voneinander scheiden, wie der Hirt die Schafe von den Böcken scheidet. Er wird die Schafe zu seiner Rechten versammeln, die Böcke aber zur Linken.

Dann wird der König denen auf der rechten Seite sagen: Kommt her, die ihr von meinem Vater gesegnet seid, nehmt das Reich in Besitz, das seit der Erschaffung der Welt für euch bestimmt ist. Denn ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd und obdachlos und ihr habt mich aufgenommen; ich war nackt und ihr habt mir Kleidung gegeben; ich war krank und ihr habt mich besucht; ich war im Gefängnis und ihr seid zu mir gekommen.

Dann werden ihm die Gerechten antworten: Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen und dir zu essen gegeben, oder durstig und dir zu trinken gegeben? Und wann haben wir dich fremd und obdachlos gesehen und aufgenommen, oder nackt und dir Kleidung gegeben? Und wann haben wir dich krank oder im Gefängnis gesehen und sind zu dir gekommen? Darauf wird der König ihnen antworten: Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.

Wenn ihr genau hinschaut, findet ihr in den fünf Medaillons, die sich mit Jesus beschäftigen, Hinweise auf diesen Text. Vielleicht schaut noch einmal die einzelnen Medaillons an.

Im untersten Medaillon (Verkündigung) sieht man zwei Krücken, ein Hinweis darauf, sich um Kranke zu kümmern. Bei der Geburt ist zusätzlich ein Wanderstab abgebildet, das spielt auf Obdachlosen und Reisende an, denen man Herberge anbieten sollte. Bei der Bergpredigt sieht man einen Krug, eine Anspielung darauf, Hungrige und Durstige zu verköstigen.

Bei der Gefangennahme erinnern die Handschellen daran, Menschen im Gefängnis nicht zu vergessen. Und beim Tod Jesu mahnt das Gewand zu seinen Füßen daran, Menschen ohne Kleidung zu helfen. Beim sechsten Medaillon ist im Hintergrund einen Sarg zu sehen, denn im Mittelalter galt es als besonders gute Tat, Menschen, die ohne Familie gestorben sind und um deren Beerdigung sich niemand kümmern wollte, christlich zu beerdigen.

Wir wissen nicht, welche Gedanken Nikolaus bei der Betrachtung des Bildes gekommen sind. Aber Schülerinnen und Schüler der Religionsgruppe 8c und d haben überlegt, was ihnen möglich wäre, um im Sinne Jesu zu handeln. Ich kann hier nicht alle Gedanken anführen, die die Schülerinnen und Schüler entwickelt haben, aber einige möchte ich exemplarisch  erwähnen.

Wir können gerade in diesen Zeiten älteren Mitmenschen anbieten, für sie einzukaufen, wir können Menschen, die vielleicht mit dem Computer Schwierigkeiten haben, dabei helfen, einen Impftermin zu vereinbaren, wir können Verwandte, die wir nicht besuchen können, anrufen oder ihnen eine Postkarte schreiben, wir können uns jungen Familien als Babysitter anbieten, wir können Nachbarn bei der Gartenarbeit helfen oder ihre Hunde ausführen, wenn das für Sie vielleicht schwierig wird. Wir können Hilfsorganisationen, wie z,B. Misereor oder der Kindernothilfe im Rahmen unserer Möglichkeiten spenden, auch kleine Beträge lindern die Not. Und wir können bei Begegnungen freundlich grüßen.

Kleine Schritte, aber sie bewirken, dass sich auf beiden Seiten die Stimmung hebt und das Leben für alle entstresst wird, was gerade in diesen Zeiten besonders wohltuend ist. Die Fesseln der Pandemie lockern, gelöster leben, erlöst leben. Ich wünsche uns allen, den Mut und die Energie, solche kleinen Schritte zu finden und zu wagen.

Thomas Kirchberg

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