Joschi – Spezialauftrag für einen Esel
30. Weihnachtsmusical in der Melanchthonkirche
Eigentlich gibt es in der Weihnachtsgeschichte bei Lukas gar keine Tiere, abgesehen von den Schafen, die die Hirten mitbringen. Aber Ochs und Esel sind feste Bestandteile unseres Krippeninventars und ein alter Mythos besagt, dass in der Heiligen Nacht die Tiere in Haus und Stall sprechen können. Wenn aber nun im Stall zu Bethlehem nur die Futterkrippe stand – und kein Tier weit und breit… ?
Dieses Paradox hat wohl Gertrud Schmalenbach und Siegfried Fietz dazu ermuntert, die Weihnachtsgeschichte neu zu erzählen. In ihrem Musical „Joschi – Nazareth Express Dienst“ lassen sie die Tiere zu Wort kommen und präsentieren das Geschehen im Stall aus deren Sicht – Wortführer ist der Esel Joschi. Aus dramaturgischen Gründen hat sogar eine Eule den Weg in den Stall von Bethlehem gefunden – und sie macht sich gut als Botschafterin für den Frieden, wenn sich schon Ochs und Esel nicht grün sind… Denn schließlich ist der Esel nur zu Gast – und dann bringt er auch noch Menschen mit – das muss ja Stress geben!
Die Schüler der Evangelischen Schule Schloss Gaienhofen entführten die Besucher der bis auf den letzten Platz besetzten Melanchthonkirche im Familiengottesdienst am 24. Dezember in eben jenen Stall, in dem Joschis Spezialauftrag als Transportmittel für die schwangere Maria seinen vorläufigen Endpunkt findet. Die 65 mitwirkenden Schüler vorwiegend der fünften Klassen wirkten im Chor, als Solosänger und Schauspieler und erreichten mühelos die Herzen der Gottesdienstbesucher mit den mitreißenden Songs von Siegfried Fietz. In der Hauptrolle überzeugte Onno Hofsäss als Esel Joschi und bewies wie in Musicalaufführungen zuvor sein Talent als Sänger und Schauspieler. Die Gesamtleitung lag bei Siegfried Schmidgall, unterstützt von Nina Doller (Regie Spielszenen).
Mit großer Begeisterung und Musikalität, mitreißender Spielfreude und viel Liebe zum Detail erzählten und sangen die Schüler von der Geburt Jesu, einem Ereignis, das selbst bei den sonst gelassenen Tieren für Aufregung sorgt. Aber es gibt auch kritische Kommentare, die die Anwesenheit der Menschen als problembehaftet einstufen: „Er schleppt uns auch noch Menschen an; das muss doch Ärger geben.“ wird der Esel aus der Stallecke des Ochsen kritisiert. Und auch die Eule hat ihre Zweifel an der Erkenntnisfähigkeit der Menschen: „Es würde mich doch sehr wundern, wenn die Menschen das Wunder begreifen würden“.
„Genau darin liegt die Botschaft: Grenzen werden überwunden – zwischen Tieren und Menschen, zwischen Arm und Reich, zwischen Gott und den Menschen“, führen Schulpfarrer Arnold Glitsch-Hünnefeld und Gemeindepfarrer Roland Klaus in ihrer gemeinsamen Ansprache die Gedanken des Musicals fort. Gerade weil Jesus in einem Stall zur Welt kam, waren die Hürden niedrig und damit überwindbar – selbst für Hirten, die wahrlich nicht zum angesehenen Teil der Gesellschaft gehören.
Und Jesus erwidert diesen Blick: „Es ist ein Junge! Hat der Augen! Der guckt uns ja an! Guck mal, wie der guckt!“ staunten die Kinder kurz zuvor. „Jesus schaut mit einem liebevollen Blick auf die Menschen. Er schaut auch da nicht weg, wo es wehtut. Er schaut hin, wo Menschen einander grausame Dinge antun. (…) Sie sind nicht vergessen. Er sieht die Menschen, die vom Hass verblendet sind. Er nimmt ihre Angst und ihren Zorn ernst. Und doch akzeptiert er den Hass nicht, sondern tritt dafür ein, den Hass zu überwinden.
Die Freude von Weihnachten ist die Freude darüber, dass Gott uns mit dem liebevollen Blick Jesu ansieht. Die Freude darüber, dass Gott Grenzen überwindet. Diese Freude kann uns die Kraft geben, auch die im Blick zu behalten, die im Elend sind. Weder wegzuschauen, noch uns vom Elend lähmen zu lassen. Sondern hinzuschauen mit dem liebevollen Blick Jesu und etwas zu tun.“
Diese Botschaft kann nicht schöner zusammengefasst werden als im Schlusschor der Kinder, der noch in unseren Ohren und Herzen nachklingt:
Gloria, Ehre sei Gott in der Höhe. Das ist die Weihnachtsfreude, sie bringt uns Zuversicht. Ein Licht kam in die Welt, wenn wir es weitertragen, wird Dunkelheit erhellt. Gloria, Ehre sei Gott in der Höhe.
Das Weihnachtsmusical hat mit dem 30. Mal eine lange Tradition in der Melanchthonkirche: Kollegen der Schule studieren mit den Kindern die Spiel- und Sprechszenen ein, Mitglieder der Kirchengemeinde kümmern sich liebevoll um Kostüme und Kulissen, aktive und ehemalige Schüler musizieren gemeinsam mit Eltern in der Band, die die Kinder begleitet, ein Technik-Team der Schule kümmert sich um Licht und Ton.