Grüß Gott!

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„Grüß Gott!“ In Norddeutschland kann es passieren, dass man auf diesen Gruß die ironische Antwort erhält: „Gerne, wenn ich ihn treffe.“ Dahinter steht natürlich ein Missverständnis. Es geht bei diesen Worten ja nicht darum, Gott einen Gruß auszurichten, sondern den Gegrüßten Gott anzubefehlen.

Schon in der Bibel hat das Grüßen einen hohen Stellenwert. In vielen Geschichten wird detailliert geschildert, wie Menschen sich begrüßen, wenn sie sich begegnen. Das hat seinen Grund möglicherweise darin, dass ein Gruß die zwischenmenschliche Kommunikation eröffnet. Ohne ihn bleibt eine Begegnung unklar. Der Gruß klärt die offene Situation der Begegnung.

Im Hebräischen wird mit dem Gruß oft ein Segenswunsch übermittelt, der Wunsch, der gegrüßte Mensch möge Frieden bzw. Wohlergehen erfahren, oder der Wunsch „Gott sei mit dir“. Noch heute grüßen Juden einander mit dem Wort „Schalom“, was bedeutet: Frieden, Heil, Wohlbehaltenheit. Im Neuen Testament finden sich Grüße besonders häufig in den Briefen das Paulus. Z.B. „Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus!“ (1.Kor 1,3), also kurz gefasst: „Grüß Gott!“ Auch von Jesus selbst wird überliefert, wie er seine Jünger mit „Friede sei mit euch!“ begrüßt.

Mir ist das Grüßen wichtig. Ich freue mich darüber, wenn ich bei einer Begegnung gegrüßt werde bzw. wenn meine Begrüßung mit einem Gruß beantwortet wird. Besonders dann, wenn der Gruß von einem freundlichen Lächeln begleitet wird. Das hebt meine Stimmung und begleitet mich manchmal noch eine ganze Zeit lang durch den Tag. Ich freue mich darüber auf dem Schulcampus ebenso wie dann, wenn ich Kollegen oder Kolleginnen bzw, Schülerinnen oder Schüler zufällig im Dorf oder in der Stadt treffe. Und ich mag es auch, wenn fremde Menschen freundliche Grüße mit mir austauschen.

Die Kommunikation, die durch den Gruß eröffnet wird, muss kein ausgeführtes Gespräch sein. Oft besteht sie schlicht in dem Signal, das mit dem Gruß ausgesandt wird: „Ich nehme dich wahr. Ich bin dir freundlich gesinnt.“ Vielleicht sogar: „Ich freue mich, dich zu sehen.“

Ein Gruß ist eine kleine Geste des freundlichen Umgangs, aber keineswegs zu unterschätzen. In der Umfrage zum christlichen Profil wurde das Grüßen gelegentlich erwähnt. Bei dem, was Menschen brauchen, und bei dem, was sie bereit sind einzubringen. Häufiger wurde der freundliche Umgang direkt genannt. Ebenfalls sowohl bei den Bedürfnissen als auch bei den eigenen Beiträgen. Aus der Umfrage geht hervor, dass sowohl Schülerinnen und Schüler als auch Lehrerinnen und Lehrer, Mitarbeitende und Eltern Wert auf einen freundlichen Umgang legen. Und zwar sowohl innerhalb der genannten Gruppen unserer Schulgemeinde wie auch wechselseitig. Schülerinnen oder Schülern tut es genauso gut, wenn sie von Lehrkräften freundlich angesprochen werden, wie umgekehrt. Gestern bei der Kioskaufsicht im AD-Saal stand ich dabei, als eine Schülerin sehr freundlich ihr spezielles Anliegen an eine der Frauen aus der Küche herangetragen hat und diese ebenso freundlich reagiert hat. Überhaupt wird in der Umfrage ausdrücklich die Freundlichkeit des Küchenpersonals hervorgehoben. Ich genieße diesen freundlichen Umgangston an unserer Schule, wo ich ihn erlebe – und das ist ganz schön oft. Es ist für mich ein Stück Motivation, an meiner eigenen Freundlichkeit zu arbeiten, wo sie in der Hektik des Alltags, aus Gedankenlosigkeit oder aus anderen Gründen doch zu kurz kommt.

Ein Gruß, ein freundliches Wort – Freundlichkeit beginnt im Kleinen. Die Königsdisziplin der Freundlichkeit ist die Kritik. Denn Freundlichkeit ist nicht zu verwechseln mit klebriger Harmoniesauce oder Konfliktscheu. Aber es macht eben einen Unterschied, wie Kritik vorgebracht wird. Werde ich angepampt, fahre ich innerlich die Krallen aus und wehre Kritik eher ab – auch dann, wenn sie berechtigt ist. Werde ich freundlich auf einen Fehler oder ein Fehlverhalten hingewiesen, bin ich eher bereit, die Kritik anzunehmen.

Ähnlich wie das Grüßen ist auch die Freundlichkeit schon in der Bibel ein Thema. Immer wieder wird erzählt, wie Menschen einander freundlich begegnen. Im Galaterbrief wird Freundlichkeit zu den Früchten des Heiligen Geistes gezählt. Und in einer ganzen Reihe von Texten, besonders in einigen Psalmen wird davon gesprochen, dass Gott selbst freundlich ist. „Danket dem Herrn, denn er ist freundlich und seine Güte währet ewiglich.“ (Ps 106,1 u.ö.) Freundlichkeit ist also eine geradezu göttliche Eigenschaft – oder besser: ein Verhalten, das Gott entspricht.

Und so wie ein freundlicher Gruß bei einer flüchtigen Begegnung oder zu Beginn einer intensiveren Begegnung Gott ins Spiel bringt, gilt das auch für viele Abschiedsgrüße. „Adieu!“ oder das davon abgeleitete „Tschüs!“ heißt so viel wie „Mit Gott!“. Und das „Pfiat di!“ unserer südöstlichen Nachbarn bedeutet „(Gott) behüte dich!“. Und wie am Ende einer Begegnung ein solcher Abschiedsgruß steht, steht am Ende einer Andacht ein Segen: Gott behüte und begleite euch durch die kommende Zeit.

Amen