Gemeinsames Probenwochenende

Konzertvorbereitungen in vollen Gange

Vor dem großen Konzertwochenende am 9./10. November 2019 trafen sich am vergangenen Wochenende 80 Mitglieder des Vokalensembles Gaienhofen, 25 Sänger des Männerchors Singen und 40 Jugendliche der Schul-Kantorei gut gelaunt im Chorsaal der Evang. Schule Schloss Gaienhofen.
Siegfried Schmidgall hat seit Beginn des Jahres das Gloria von Karl Jenkins mit jedem Chor individuell geprobt, und Anweisungen zu Interpretation, Tempo, Lautstärke und Tongestaltung gegeben – die Choristen haben Noten und Text gelernt, nun war es soweit. – Erstmals formierte sich der große Chor zur gemeinsamen Probe. Mit Korrepetitor Siegfried Zielke am Klavier – von Pianissimo bis Fortissimo: „Gloria, Laudamus te, et in Terra Pax“ – Jugendliche und Erwachsene – alle sind konzentriert bei der Sache – die Jüngsten zählen 14, die Ältesten 80 Jahre. Das Werk hat es in sich: wunderschöne Melodien, beeindruckende, aber auch herausfordernde Rhythmen – „nochmal bitte“, es wird geprobt bis alle sicher sind.
Siegfried Schmidgall, Dirigent aller beteiligten Chöre, motiviert und erklärt: „Diese Probenphase ist sehr wichtig für die musikalische Entwicklung der Stücke sowie das sängerisch/menschliche Miteinander!
Uns erwartet ein interessanter, spannungsreicher Konzertabend, an einem für das Vereinte Deutschland wirklich denkwürdigen Wochenende. Wohl wissend um den Kontrast, wollen wir nach Faurés tröstendem, friedvollen „Requiem“ (dies wird vom Vokalensemble Gaienhofen gesungen) ein Zeichen für den Frieden in unserer Welt setzen, wenn wir im großen Chor das kraftvolle, mitreißende „Gloria“ von Karl Jenkins musizieren. Dieses Werk verbindet mit fulminanten Klängen unterschiedlichste Kulturen im beeindruckenden Lob Gottes.“
Für Julia Küsswetter, die Sopranisten, ist Faurés bekanntes Requiem nach eigener Einschätzung ein wirklich außergewöhnliches Stück. – In sehr persönlichen Worten spricht die Solistin über das Konzertprogramm: „Obwohl Gabriel Fauré ja zum Kirchenmusiker ausgebildet wurde und über lange Strecken auch als Organist und Chorleiter tätig war, ist es das einzige Werk, das er an sakraler Musik hinterlassen hat.
Er war scheinbar nicht so besonders fromm -es sind Anekdoten von ihm in Umlauf, die erzählen, dass er bei den Messen zwischen seinen Orgelstücken immer wieder vor die Tür ging, um zwischendurch mal eine Zigarre zu rauchen. Das fand ich schon immer unheimlich sympathisch. Umso anrührender finde ich sein Requiem, in dem er bewusst das bedrohliche „Dies irae“ nahezu vollständig weggelassen (-man denke an die Wucht des Dies irae bei Mozarts oder Verdis Requiem-) und stattdessen um das „In Paradisum“ aus den Exequien der römisch-katholischen Aussegnung, ergänzt hat.
Die solistische Besetzung der Engelsstimme im „Pie Jesu“ (Sopransolo) weist den Weg ins Licht, später ja übrigens im Requiem von Lloyd Webber als Duett zwischen Sopran und Knabensopran wieder aufgegriffen. Die ursprünglich karge Orchesterbesetzung schafft eine unvergleichliche lichtdurchflutete Transparenz – dies ist für mich vollkommener musikalischer Ausdruck von himmlischer Transzendenz. Und das impressionistische Hin-und Her- Mäandern von moll nach Dur tut schließlich sein Übriges, um einen friedvollen, hellen Tod zu gestalten, vor dem sich niemand mehr fürchten muss.

Den walisischen New-Age-Komponisten Karl Jenkins kennt man landläufig ja vor allem als Schöpfer des Adiemus-Musikprojekts und gleichnamigen Songs. Übrigens klingt im 3. Satz seines Gloria auch das berühmte Adiemus zitathaft an. Er vertonte es nach seiner üblichen Devise: „simple structures, never sentimental und broad multicultural gestures“. Besonders der multikulturelle Aspekt findet sich hier wieder. Jenkins ergänzt das lateinische Gloria um den 150. Psalm. Außerdem werden zwischen den einzelnen Sätzen Texte aus dem Hinduismus, dem Buddhismus, dem Daoismus und dem Islam rezitiert.
In ihrer schlichten und volkstümlichen Tonsprache nähern sich beide Komponisten des Programms aneinander an. Wie Fauré einen Ausblick auf ein tröstliches ewiges Leben verheißt, so finde ich bei Jenkins diese Verheißung in allen Weltreligionen und -hier das Pars pro Toto setzend- in allen Sprachen wieder. Dieses echte ökumenische Anliegen in Jenkins Werk gefällt mir, gerade in einer Zeit, in der wir uns um Integration bemühen müssen, quasi als die Aufhebung des babylonischen Unverständnisses.“
Prof. Dr. Windhab, der Vorstand des Vokalensembles Gaienhofen und Dirigent Schmidgall ergänzen diese Ausführungen: „Mit der Musik von Fauré und Jenkins verbinden sich in diesem Konzert Gedanken an Tod, Auferstehung und ewiges Leben. Als Christen sind wir der Überzeugung, dass der Mensch ein ewiges Leben und damit eine Zukunft bei Gott hat. In diesem Kontext erinnert uns die emotionale Bewegung vom Requiem zum Gloria an diesem Konzertwochenende 2019 auch an ein wichtiges Ereignis deutscher Geschichte das in einem vergleichbaren Gefühlsraster große Emotionen auslöste: Der Fall der Berliner Mauer vor genau 30 Jahren.“

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