Ein Abend für Europa

Von einer „Generation What“ ist seit der neuen Jugendstudie vom Sinus-Institut die Rede, vom fehlenden Vertrauen junger Europäer in die Politik, in der Presse sei nur von Jugendlichen die Rede, wenn „sie Ärger machen oder Anlass zur Sorge“ gäben, so das Vorwort zur eben genannten Studie. Solche Untersuchungen seien Humbug, alles Auslegungssache, winken die Gegner solcher Studien in zahlreichen Internet-Blogs ab: hier werde mehr aus Anpassung denn aus Überzeugung geantwortet, tatsächliches Engagement sei daraus aber auch nicht abzulesen.

Wer diese Studie und die heftigen Diskussionen auch nur ansatzweise kennt, wird sich am Donnerstag Abend im AD-Saal von beiden Lagern distanziert haben, denn hier präsentierte sich eine europabegeisterte Jugend, weitab von Politikverdrossenheit und Oberflächlichkeit.

Schon in der musikalischen Einleitung durch die Kantorei mit der Europahymne „Freude schöner Götterfunken“ schwang eine Begeisterung mit, die sich auf die Gäste übertrug. “Europa hat Wert“ war der Titel für einen Abend, bei dem Schüler der Klasse 10 die Ergebnisse des Europaseminars vorstellten, an dem sie im Oktober 2016 gemeinsam mit französischen Schülern unserer Partnerschule in Straßburg, dem Gymnase Jean Sturm, teilgenommen hatten.

Die französischen Partnerschüler waren eigens für diesen Abend nach Gaienhofen angereist. Dabei hatten sich die Schüler zum Ziel gesetzt, innerhalb der fünf Tage Kurzfilme entstehen zu lassen, die auf unterschiedliche Weise die Frage behandelten: Welche Werte sind für uns, die wir in Europa aufwachsen, wichtig?

Das beeindruckende Ergebnis der vielsprachigen Filme schuf die Überzeugung, dass hier junge Menschen am Werk waren, die nicht nur ein klares Bewusstsein zeigten, welches in einem der Filme zum Ausdruck kam: „Wir sind die Europamacher“. Die Schüler berichteten auch davon, dass sie während der Zeit in Straßburg auch Grundwerte wie bspw. Toleranz, Respekt und Offenheit gegenüber anderen Kulturen „im Kleinen“ leben konnten, wenn sie in gemischten Gruppen arbeiteten oder Zeit in ihren Gastfamilien verbrachten.

Mit gutem Gewissen konnte Dieter Toder in seiner Eingangsrede Stephan Hessel zitieren, der in seinem Appell an die Jugend „Indignez-vous“ (Empört euch) die jungen Menschen dazu auffordert, nicht gleichgültig zuzusehen, sondern sich zu engagieren: „Je dis aux jeunes: cherchez un peu, vous allez trouver. La pire des attitudes est l’indifférence, dire „je n’y peux rien, je me débrouille“. En vous comportant ainsi, vous perdez l’une des composantes essentielles qui font l’humain. Une des composantes indispensables: la faculté d’indignation et l’engagement qui en est la conséquence.“

(Sucht ein bisschen nach den unerträglichen Dingen dieser Welt, Ihr werdet schon fündig werden. Am schlimmsten ist die Gleichgültigkeit, zu sagen: „dafür kann ich nichts, ich komm’ schon alleine zurecht“ Wenn Ihr Euch so verhaltet, dann verliert Ihr ein Wesensmerkmal des Menschlichen: ein unerlässlicher Bestandteil des Humanen ist die Fähigkeit, sich zu empören – und daraus erwachsend, die Fähigkeit zum Engagement.)

„Ein event wie jetzt und hier ist ein Stück Hoffnung“, so schloss Dieter Toder seine Rede, „vielleicht helfen uns die Schöpfungen der Schüler des Europaseminars dabei, gegen den Zerfall eines vereinten Europas zusammenzustehen“.

Und genau das bestätigte Christine Netzhammer als Vertreterin der SV in ihrer Ansprache, die als Antwort darauf die Anwesenden darauf aufmerksam machte, was es heißt in Europa aufwachsen zu dürfen: „Aber diese Demokratie sollte uns nicht zum Verhängnis werden. Wir sollten nicht populistischen Parteien zustimmen und diese unterstützen, nur weil es einfach ist. Manchmal ist es besser den schweren Weg zu nehmen, was heute bedeutet von seinem Recht Gebrauch zu machen, seine Meinung zu vertreten.“

Hélène Beckmann, Deutsch-Kollegin am Gymnase Jean Sturm in Straßburg, wies auf die langjährige Freundschaft der beiden Länder hin, die ein lebendiges Beispiel für ein vereintes Europa seien und die unter dem frisch ins Amt gewählten Präsidenten Emanuel Macron im Sinne einer „vision de l’Europe“ weiterwachsen könne.

Gerne folgten Harald Kühl und Torben Nuding der Einladung des Initiators, Thomas Kirchberg, und stellten als Konstanzer Vertreter das deutschlandweite Engagement von „Pulse of Europe“ vor, das ein „positives Zeichen gegen das Nichtstun“ setzen möchte. „Wir demonstrieren nicht gegen etwas, sondern für etwas, für Europa nämlich, wir möchten den gemeinsamen Pulsschlag spüren“, präsentierte Harald Kühl das Programm der Organisation, die das Bedürfnis vieler Menschen lebendig werden lässt:

„Europa braucht Impulse, neuen demokratischen Schwung, Menschen die mitgestalten wollen, die sich einmischen in die Undurchsichtigkeit – und Europa braucht Liebeserklärungen.“

Rede von Hélène Beckmann (Strasbourg):

Discours sur l’Europe

En ces temps où l’Europe est malmenée par la crise qu’elle soit économique, financière, migratoire ou politique, qu’elle soit en Grèce ou au Royaume-Uni et où les détracteurs de l’Europe préconisent l’abandon de la monnaie unique, la sortie de l’espace Schengen voire le Frexit, il est réconfortant de voir que les jeunes portent pour la plupart un regard certes critique mais aussi bienveillant sur l’Europe. Les valeurs européennes sont en effet sujet à débat mais aussi défendues par la jeunesse européennes, à l’instar de l’association Pulse of Europe, ou du nouveau tandem franco-allemand Angela Merkel et Emmanuel Macron.

Ce n’est pas un hasard que notre président nouvellement élu ait choisi Berlin comme première destination de son quinquennat pour transmettre à tous le message d’une Europe forte qui doit être portée par un « couple » franco-allemand efficace et par une jeunesse « en marche » vers l’avenir, dont elle est la garante. Nous pouvons d’ailleurs citer Emmanuel Macron lui-même : « L’Europe dont nous avons besoin sera refondée et relancée : elle doit être plus démocratique et plus politique car elle nous protège et nous permet de porter nos valeurs dans le monde. »

L’Europe a de la valeur et l’Europe a des valeurs. / Europa hat Wert und Europa hat Werte.

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