„Eine gute Nachricht!“

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Kirstin Stingl_pixelio.de

Im Rahmen einer Fortbildung neulich habe ich ein Stück von Danger Dan kennen gelernt. „Eine gute Nachricht“ heißt es. Die Referentin, die es vorgestellt hat, stellte die Frage in den Raum, ob man das machen könne – dieses Stück für eine Adventsandacht zu nutzen. Ich fand sofort „Klar!“, bin mir aber nicht ganz sicher, ob ich es für den Advent oder für das Ende des Kirchenjahres mit seinem Gedenken an die Sterblichkeit passender finde. Insofern ist diese Woche zwischen dem Ewigkeitssonntag und dem 1. Advent vielleicht genau der richtige Zeitraum. Hören wir einmal rein: Danger Dan: Eine gute Nachricht.

„Eine gute Nachricht“? Als Christ höre ich da gleich das Wort „Evangelium“ mit. Entsprechend hohe Erwartungen sind bei mir geweckt. Danger Dan hat eher kleine Münze parat: „Heute nicht“. Dieser lakonische, trockene Humor hat mich sofort angesprochen. Und auch sein nüchterner Realismus: Wir zerfallen zu Staub. Wir kehren in das Nichts zurück. Keine Jenseitserzählung in leuchtenden Farben. Und das Video mit seinen Tierpräparaten unterstreicht noch die Sterblichkeit. Aber eben: Heute nicht. Uns bleibt noch Zeit. Lass uns die Zeit miteinander nutzen.

In der Frage „Schläfst Du heut‘ bei mir?“ höre ich noch eine zweite Ebene: Lass uns Trost beieinander finden. Denn die Prediger, die mit der Hölle drohen, haben zu wenig Trost im Angebot. Ob das für die Kirche insgesamt gilt, würde ich eher in Frage stellen. Aber es gibt sie, die Prediger, die das Leben auf moralische Forderungen reduzieren, die die Menschen überfordern und die Lebensfreude ersticken. Dann doch lieber den Trost beieinander finden.

Und dann das sympathisch-ehrliche Eingeständnis: „Ich komm oft nicht klar.“ Ich auch nicht. Und da brauche auch ich keine erhobenen Zeigefinger von irgendwelchen Moralpredigern. Oder anders: Ich komme oft mit unserer Endlichkeit nicht klar. Aber mit der Frau, die ich liebe, kann ich sie besser aushalten.

Dann weitet Danger Dan die Perspektive: Der ganze Planet ist darauf angelegt, dass er irgendwann in der Sonne verglüht. Das gilt als wissenschaftlich erwiesen. Aber: Heute nicht. Es werden noch ein paar Milliönchen von Jahren vergehen bis dahin. Wie winzig sind wir angesichts dieser Dimensionen. Wie lächerlich gering war die Chance, dass wir uns im Walten dieser kosmischen Mächte begegnen! Aber es ist passiert. Gerade, dass sie so ein unwahrscheinlicher Zufall ist, macht unsere Beziehung so unendlich wertvoll.

Und noch eine Zeile finde ich sehr gelungen: „Das Dilemma, dass wir schon das Ende kennen, zwingt uns ja nicht dazu, es hier nicht schön zu finden.“ Im Gegenteil würde ich sagen: Das Leben gewinnt an Wert durch seine Endlichkeit. Alles in allem ein wunderschönes Lied über Liebe und Trost im Angesicht der vergänglichen Welt.

In meinem Hinterkopf tauchte beim Hören eine Zeile aus Ps 90 auf: „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.“ Beim näheren Hinsehen ist mir aufgefallen, dass es in dem Psalm einige Passagen gibt, die gut zu dem Lied passen und ihm zugleich eine weitere Dimension hinzufügen.

Danger Dans schlechte Nachricht klingt in Ps 90 so: „Unser Leben währet siebzig Jahre, und wenn’s hoch kommt, so sind’s achtzig Jahre, und was daran köstlich erscheint, ist doch nur vergebliche Mühe; denn es fähret schnell dahin, als flögen wir davon. Darum fahren alle unsre Tage dahin durch deinen Zorn, wir bringen unsre Jahre zu wie ein Geschwätz.“ Doch auch der Psalm bleibt nicht bei diesem Pessimismus stehen. Seine Konsequenz ist eben die genannte Zeile: „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.“

Wie dieses klug werden aussehen kann, zeigt sich gleich im ersten Vers: „Herr du bist unsere Zuflucht für und für.“ Trost finden können wir nicht nur beieinander, sondern letzten Endes bei Gott. Warum das? Der Psalm führt drei Gründe

  1. „Der Du die Menschen lässest sterben und sprichst: Kommt wieder, Menschenkinder.“ Das ist nun eine andere Vorstellung als die Rückkehr ins Nichts bei Danger Dan. Wir kommen von Gott und wir kehren nach unserem Sterben auch wieder zu ihm zurück. Das Leben gewinnt an Wert durch seine Endlichkeit. Aber der Gedanke, dass wir bei Gott auch über den Tod hinaus bewahrt bleiben, nimmt auch Druck aus dem Leben. Wir müssen nicht alles in unserer Lebenszeit unterbringen, sondern Gott wird vollenden, was in unserem Leben unvollendet bleibt.
  2. „Denn tausend Jahre sind vor dir wie der Tag, der gestern vergangen ist, und wie eine Nachtwache.“ Die unermesslichen Dimensionen von Raum und Zeit, Milliarden von Sternen und Millionen von Jahren sind für Gott überschaubar. Sie sind Teil des sinnerfüllten Ganzen, das seine Schöpfung ist. Wir treiben nicht in einem kalten, sinnentleerten Universum. Denn
  3.  „Ehe denn die Berge wurden und die Erde und die Welt geschaffen wurden, bist du, Gott, von Ewigkeit zu Ewigkeit.“ Die Welt vergeht, das ist unausweichlich. Aber Gott umgreift die Zeit.

Die Zukunft, die wir entwerfen, mag ein Trugbild sein. Wir haben sie nicht in der Hand. Aber die Zukunft kommt uns entgegen – aus Gottes Hand. Sie kommt – das ist eine Bedeutung von Advent.

Und auch Danger Dans Aufforderung, sich am Leben zu freuen, findet sich schon in dem Psalm. „Fülle uns früh mit deiner Gnade, so wollen rühmen und fröhlich sein unser Leben lang. Zeige deinen Knechten deine Werke und deine Herrlichkeit ihren Kindern. Und der Herr, unser Gott, sei uns freundlich und fördere das Werk unserer Hände bei uns. Ja, das Werk unserer Hände wollest du fördern.“ So lasst uns das Werk unserer Hände angehen und uns daran freuen – heute und in der kommenden Zeit, die uns gegeben ist.

Arnold Glitsch-Hünnefeld