Ein besonderer Ort für Schul- und Kirchengemeinde

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Für sechs Jugendliche war das wichtigste Ereignis am vergangenen Sonntag nicht die Bundestagswahl. Sie feierten an diesem Tag ihre Konfirmation in der Melanchthonkirche.

Ein ungewöhnlicher Zeitpunkt. Üblicherweise liegt die Konfirmation im Frühjahr, in zeitlicher Nähe zu den christlichen Hochfesten Karfreitag und Ostern. Doch Corona wirbelt so manche Zeitpläne durcheinander. Im Frühjahr waren die Abstandsregeln noch so streng, dass selbst bei einer so kleinen Gruppe der Platz in der Kirche für die Familien knapp geworden wäre. Und größere Familienfeiern wären auch noch nicht möglich gewesen. Aktuell dürfen Festgemeinschaften bis zu einer bestimmten Größe in Gottesdiensten ohne Abstände beieinandersitzen. Die Zeit für eine Konfirmation in einem schönen Rahmen war jetzt also gegeben. „Alles hat seine Zeit“ (Pred 3,1) meint nicht: Alles muss immer zum selben Termin im Jahr stattfinden. Vielmehr gilt es, die Augen für die richtige Zeit offen zu halten.

Die Konfirmation dieser sechs Jugendlichen hatte am vergangenen Sonntag ihre Zeit. Es war ein feierlicher und berührender Gottesdienst. Die Jugendlichen hatten sich mit Pfarrer Klaus über die Zeit eines Jahres auf diese Feier vorbereitet. In seiner Predigt verwendete der Pfarrer ein Stand-Up-Paddle-Board als Symbol. Das Schwanken der Anfänger steht für ihn sinnbildlich für die Jugend, das Schwanken zwischen „noch Kind“ und „schon erwachsen“. Wer ausreichend Übung hat, paddelt aufrecht, im Stehen über das Wasser; Konfirmierte sind im kirchlichen Sinn erwachsen.

Gott trägt die Seinen wie das Luftkissen des Boards die Paddler über das Wasser trägt. Und der Glaube hält die Verbindung zu Gott. So wie die Bindung, mit der man sich am Board festmachen kann. Dafür steht Konfirmation. Das lateinische Wort „confirmare“ bedeutet „bestärken“, „begründen“, „versichern“.

In diesem Gottesdienst haben die Jugendlichen ihren Glauben öffentlich bekräftigt und sich zugleich im Glauben versichert, festgemacht. Festgemacht haben sie sich auch in der Kirchengemeinde, der sie jetzt als religionsmündige Mitglieder angehören. Eingebettet waren sie in diesem Gottesdienst zugleich in die Schulgemeinde.

In Gaienhofen ist es Tradition, dass bei der Konfirmation eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern unter der Leitung von Herrn Schmidgall singt. Dies trägt dazu bei, dass der Gottesdienst besonders festlich ist. Mehr noch: Dieser Gesang ist auch ein Symbol der Verbindung zwischen Schule und Kirchengemeinde. Die Sängerinnen und Sänger bringen den Glauben zu Gehör, der auch die Schulgemeinde trägt.

Die Melanchthonkirche ist ein besonderer Ort der Begegnung zwischen Schulgemeinde und Kirchengemeinde. Hier werden Schulandachten und Gemeindegottesdienste gefeiert. Hier werden junge Menschen konfirmiert, Kinder getauft, Paare getraut und Trauerfeiern für Verstorbene gefeiert. Hier werden auch die großen Feste wie Weihnachten und Ostern gefeiert. Das Wissen darum verändert die Atmosphäre dieses Raumes. Die Kirche wird für mich dadurch zu einem heiligen Ort. Das bedeutet nicht, dass man sich nur im Flüsterton unterhalten dürfte, dass die Kirche nicht auch als Proberaum oder Ruheraum in Freistunden genutzt werden dürfte.

Im Gegenteil: Die Nutzung der Kirche durch die Schule verleiht ihr auch für die Ortsgemeinde eine besondere Atmosphäre. Es ist etwas von der jugendlichen Frische zu spüren. Die Konfirmandinnen und Konfirmanden haben sich überlegt, was das Bekenntnis zum christlichen Glauben für sie bedeutet, haben dazu passende Bibelverse als Konfirmationssprüche ausgesucht und diese in Bilder gefasst, die sie gemalt haben. Der Glaube von Jugendlichen, von Schülerinnen und Schülern hält den Glauben der Gemeinde jung und lebendig.

Die Verbindung zwischen Schulgemeinde und Kirchengemeinde hat ihr Vorbild in den ersten urchristlichen Gemeinden. Besonders der Apostel Paulus steht für die Verbindung zwischen den Gemeinden. Mit einigen Gefährten – heute würde man vielleicht sagen: mit einer Delegation oder Visitationskommission – machte er sich auf den Weg, um Gemeinden zu besuchen. Dabei hatte er Grüße aus anderen Gemeinden im Gepäck. Regelmäßig sammelte er in wohlhabenderen Gemeinde Kollekten für die Gemeinde in Jerusalem.

Bekannt ist er vor allem für seine Briefe, durch die er Kontakt auch zu weit entfernten Gemeinden hielt und seine Gedanken zum Glauben, seine Theologie mit ihnen teilte. All das ist Ausdruck dessen, dass der Geist Gottes ein Geist der Verbindung ist. Ein Geist der Verbindung der urchristlichen Gemeinden untereinander. Ein Geist der Verbindung zwischen den Christinnen und Christen quer durch die Zeiten hindurch bis zu uns. Ein Geist der Verbindung zwischen den Gemeinden heute – Ortsgemeinden und Schulgemeinden. Dieser Geist verbinde uns auch weiterhin miteinander und begleite uns auf den Wegen, die vor uns liegen.

Arnold Glitsch-Hünnefeld, Schulpfarrer