Die Liebe weist den Weg zum Leben
Mittwochsandacht_online
In diesen Wochen werden in vielen Kirchengemeinden die Konfirmationen gefeiert. Hier in der Gemeinde auf der Höri stehen zehn Jugendliche vor dem Abschluss ihrer Konfirmandenzeit. In eineinhalb Wochen werden sie konfirmiert. Neun von Ihnen sind Schüler*innen an unserer Schule.
Wie jedes Jahr haben die hiesigen Konfirmand*innen ihre Konfirmationssprüche als Bilder gemalt. Unterstützt wurden sie dabei – ebenfalls wie jedes Jahr – von Heidi Reubelt. Durch die kreative Aneignung der Bibeltexte können diese tiefer und nachhaltiger ins eigene Erleben der Jugendlichen Eingang finden. Die Texte werden nicht nur mit dem Verstand, sondern auch mit dem Herzen aufgenommen. Wie sich zeigen wird, ist diese Verbindung für einige der Konfirmand*innen ein wichtiges Thema. Zugleich gewinne ich als Betrachter der Bilder auch neue Einsichten. Die Bilder und die Bibeltexte interpretieren sich gegenseitig und gewinnen neue Bedeutungsebenen dazu. Einige der Jugendlichen haben mir ihre Deutungen zur Verfügung gestellt. Bei anderen Bildern habe ich meinen Assoziationen freien Lauf gelassen.
Folgende Sprüche haben sich die zehn jungen Menschen ausgesucht:
- Johan Otto: „Ich bin die Tür. Wenn jemand durch mich hineingeht, wird er selig werden.“ (Joh 10,9)
- Raphael Pieper: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.“ (Ps 23,1)
- Vincent Markert: „Ich will euer Glück und nicht euer Unglück. Ich habe im Sinn, euch eine Zukunft zu schenken, wie ihr sie erhofft. Das sage ich, der Herr.“ (Jer 29,1)
- Max Mauch: „Gott stärkt mich mit Kraft und weist mir den rechten Weg.“ (Sam 2,33)
- Julia Eck: „Ich laufe den Weg deiner Gebote, denn du tröstest mein Herz.“ (Ps 119,32)
- Marie Smole: „Gott ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.“ (1.Joh 4,16)
- Sara Kaiser: „Meine Kinder, lasst uns nicht lieben mit Worten noch mit der Zunge, sondern mit der Tat und mit der Wahrheit.“ (Joh 3,18)
- Leopold Schirmer: „Gott lieben, das ist die allerschönste Weisheit.“ (Sir 1,14)
- Smilla Johannsen: „Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“ (Röm 12,21)
- Sven Schilt: „Selig sind, die hungern und dürsten nach Gerechtigkeit, denn sie sollen satt werden.“ (Mt 5,6)
Wegweisung ist in mehreren der Bilder und Texte ein Thema. Den Jugendlichen ist Orientierung wichtig. „Gott stärkt mich mit Kraft und weist mir den rechten Weg.“ Max schreibt zu diesem Spruch und seinem Bild, dass der lila-gelbe Wegweiser mit dem Wort „life“ den rechten Lebensweg führt. Der Glaube gibt Kraft. Auch dazu, nach einem Scheitern wieder aufzustehen und weiterzumachen. Schließlich stehen die hellen, freundlichen Farben des Bildes für die Schönheit des Lebens und den Dank dafür.
Jesus bezeichnet sich selbst als Tür. Auch darin liegt ein Stück Wegweisung. Johan ist wichtig, dass Gott seine Tür allen offen hält. Jeder kann durch die Tür hindurchgehen und wird darin gesegnet. Mir sind die Stufen vor der Tür aufgefallen. Sie wollen erst einmal überwunden sein. Stehen sie für die Stunden des Konfirmandenunterrichts? Für das Einhalten von Weisungen und Regeln? Oder für den Mut, auch gegen den Zeitgeist zu glauben? Gegen den Augenschein einer düsteren Welt? Hinter den Stufen liegt die Tür zum Leben.
Auf einem weiteren Bild sind viele Wege und Wegweiser zu sehen. Eine verwirrende Fülle. Ist es Zufall, dass ein Wegweiser wie ein Computermonitor wirkt? Das Internet als Quelle einer Informationsflut, die nicht mehr zu bewältigen ist? „Ich laufe den Weg deiner Gebote, denn du tröstest mein Herz.“ Wie tröstlich, in der Überfülle der Informationen eine Instanz zu haben, an die ich mich halten kann. Der ganze – sehr lange – Psalm 119 ist ein Loblied auf Gottes Weisung in der Thora.
„Gott lieben ist die allerschönste Weisheit.“ Weisheit und Weisung. Beides hängt zusammen. Weisheit ist mehr als ein scharfer Verstand. Weisheit verbindet Herz und Verstand. Beides braucht es, um Gott zu erkennen. Deshalb ein leuchtend rotes Herz als Symbol für die Weisheit.
Damit leitet dieses Bild über zu einem weiteren Thema, dass mehreren der Jugendlichen wichtig ist: Die Liebe. Gott, der den Weg weist, ist nach 1.Joh 4 kein Herrscher, sondern ein Liebender, schreibt Marie. Ihre Liebe – dargestellt als Herz in einem schönen Lila – hat ihren Schatten in dem großen Herz, der umfassenden Liebe Gottes. Die Liebe gibt Sicherheit und Kraft. Kraft, nicht nur mit dem Herzen, sondern auch mit den Gedanken zu lieben. Denn die Gedanken beeinflussen unser Tun. Es geht Marie offenbar um tätige Liebe.
Das drückt auch das Wort aus dem vorangehenden Kapitel des 1. Johannesbriefs aus. „Lasst uns nicht lieben mit Worten noch mit der Zunge, sondern mit der Tat und mit der Wahrheit.“ Die Zunge steht für leere Worte, hohle Liebesbekundungen, die keinen Bestand haben. Wahre Liebe zeigt sich in der Tat. Das Männchen steht zwischen Wahrheit und Lüge. Die tätige Liebe gibt die Orientierung, um die Wahrheit von der Lüge zu unterscheiden.
Das Tun des Guten und Gerechten verbindet zwei weitere Bilder. „Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“ Smilla stellt auf ihrem Bild einen Kampf dar: Zwischen dem dunklen, verworrenen Bösen auf der einen Seite. Man bleibt darin wie in einem Netz schnell hängen. Die böse Seite will die gute einnehmen und vertreiben, schreibt Smilla. Es ist wichtig, das Böse in seinem Leben zu überwinden und sich nicht zu verstecken. Die gute Seite ist stark und hell und überwindet die böse Seite. Das ist Herausforderung und Hoffnung zugleich.
Dass die Sehnsucht nach Gerechtigkeit gestillt wird, verspricht Jesus in den Seligpreisungen. Mit Trauben und Wasser wird der Durst nach Gerechtigkeit im Bild gestillt. Mit den beiden Schalen wirkt das Kreuz wie eine Waage – das Symbol für Gerechtigkeit. Glaube an Christus und Gerechtigkeit fließen ineinander. Jesus hat Gerechtigkeit vorgelebt. Im Zentrum steht für ihn die Liebe. Sie ist des Gesetzes und der Gerechtigkeit Erfüllung.
Liebe und Gerechtigkeit werden Wirklichkeit. Das ist das Versprechen, die Verheißung Gottes. „Ich will euer Glück und nicht euer Unglück. Ich habe im Sinn, euch eine Zukunft zu schenken, wie ihr sie erhofft. Das sage ich, der Herr.“ Diese Worte schreibt Jeremia an die Gefangenen in Babylon. Die Arme Gottes pflanzen einen Baum. In seinem Brief fordert Jeremia die Gefangenen auf, selbst zu bauen und zu pflanzen – ihrer scheinbar hoffnungslosen Lage zum Trotz. Denn Gott hält an seinem Versprechen fest. Das Tun des Gerechten und der liebevolle Blick auf die Mitmenschen kann die Augen für die Zeichen der Hoffnung öffnen. Denn diese Zeichen sind da. Menschen, die liebevoll miteinander umgehen. Hier in der Schule, im Konfirmandenunterricht, in der Familie und noch viel öfter.
Der Weg durch die Tür, die Gott in Jesus offenhält, führt ins Leben. Nicht erst in der Ewigkeit, sondern schon jetzt. Seine Liebe, seine Weisung, seine Gerechtigkeit und seine Verheißung geben schon jetzt innere Freiheit, Orientierung, die Erkenntnis gewollt und angenommen zu sein. Sie geben Hoffnung gegen den Augenschein. Oder anders gesagt: Wer durch die Tür geht, wird gesegnet. Diesen Segen wünsche ich den Konfirmandinnen und Konfirmanden und genauso auch den Firmlingen. Ich wünsche ihn den Realschulabsolvent*innen und Abiturient*innen. Ich wünsche ihn uns allen.
Arnold Glitsch-Hünnefeld