„Der Fischzug – eine Gemeinschaftsarbeit“
Mittwochsandacht_online
Quelle: evkirche-hoeri.de
Die Wahlen zur neuen Schüler*innenvertretung (SV) unserer Schule haben in diesem Jahr mit einem Fehlstart begonnen. Der ursprüngliche Termin am vergangenen Mittwoch musste verschoben werden, weil sich bis zu diesem Zeitpunkt nicht genug Menschen gefunden hatten, die sich zur Wahl für die verschiedenen Ämter stellen wollten. Im Nachfassen ist es jetzt gelungen, dass Ihr Schüler*innen eine echte Wahl für Eure Vertretung habt.
Mich hat das an eine biblische Geschichte erinnert: Den Fischzug des Petrus. Vielleicht lag diese Verbindung nahe, weil diese Geschichte in einem der Kirchenfenster von Otto Dix in der Petruskirche in Kattenhorn bildlich dargestellt ist. Das Bild zeigt einen Mann, der ein übervolles Fischnetz in den Händen hält. Vergleiche ich seine Gesichtszüge und die Farbe seines Gewands mit den Darstellungen auf dem Seitenfenster der Petruskirche, dann fällt auf, dass bei dem Fischzug Jesus dargestellt ist. In der Geschichte im Lukasevangelium ist es aber Simon Petrus, der den Fang macht. Auf diesen Umstand werde ich noch einmal zurückkommen.
Die Geschichte selbst (Lk 15,1-11) wird vielen bekannt sein. Ich erzähle sie trotzdem kurz nach: Jesus ist am See Genezareth unterwegs. Eine große Menschenmenge strömt herzu, um ihn zu hören. Jesus sieht zwei Fischerboote mit ihren Besatzungen und bittet einen der Fischer, Simon, den er später „Petrus“ nennen wird, ein Stück mit ihm auf den See hinaus zu fahren. Vom Boot aus lehrt er die Menge. Später fordert er Simon auf, weiter hinauszufahren und das Netz auszuwerfen. Simon wendet zwar ein, dass er und seine Gefährten die ganze Nacht nichts gefangen haben, aber „auf dein Wort hin will ich die Netze auswerfen“. Gesagt, getan. Der Fang ist so groß, dass die Netze zu reißen beginnen. Petrus ruft die Mannschaft des Nachbarboots zu Hilfe, weil sein Bruder Andreas und er die Netze nicht halten können. Gemeinsam schaffen sie die Fische in die Boote, die damit randvoll sind und zu sinken drohen. Simon wird von Schrecken erfüllt: „Geh weg von mir, ich bin ein Sündiger Mensch!“ schreit er. Aber Jesus macht ihm Mut „Fürchte dich nicht!“ und nimmt ihn und die anderen Drei in seinen Dienst. Sie sollen Menschenfischer werden.
Am Anfang steht auch in dieser Geschichte ein Misserfolg. Die ganze Nacht nichts gefangen! Vergangenen Mittwoch waren die Kandidat*innenlisten noch ziemlich leer. Die Reaktion auf die Anfrage, sich in den Dienst der Schüler*innenschaft zu stellen war zwar nicht „Ich bin ein sündiger Mensch!“ aber doch mehrfach „Geh mir weg!“ Vielleicht stand dahinter die Angst vor Überforderung. Diese treibt die meisten biblischen Figuren um, von denen erzählt wird, dass Gott sie in seinen Dienst nimmt: Mose, Jeremia, Petrus und andere mehr. Ein Zurückschrecken vor einer großen Aufgabe ist nachvollziehbar.
In der Geschichte nimmt Jesus Simon zunächst für einen kleinen Auftrag in Dienst. Er soll ihn ein Stück auf den See hinausfahren, damit alle Menschen am Ufer ihn sehen und hören können. Simon hilft Jesus, mit den Menschen in Kontakt zu kommen. Das ist eine wichtige Aufgabe der SV: Menschen in Kontakt zu bringen. Und wie Simon wird auch die neue SV Zeit bekommen, um in diese Aufgabe hineinzuwachsen.
Die Fischerei, die Arbeit von Simon, Andreas, Jakobus und Johannes war oft eine ziemliche Plackerei. Auch die Arbeit der SV ist manchmal mühselig. Mitschüler*innen für Unterstützung bei Unternehmungen zu gewinnen, die Schulleitung und die Verwaltung von Ideen zu überzeugen, Verhandlungen mit Lehrkräften – das ist nicht immer einfach. Ein Aspekt, der mir bei der Geschichte dieser Tage zum ersten mal aufgefallen ist, ist dass Petrus mit dem Fischzug nicht allein ist. Andreas ist mit ihm im Boot. Und angesichts der Größe des Fangs ruft Simon Johannes und Jakobus zu Hilfe. Gerade wenn ein Projekt ins Fliegen kommt, braucht es die Zusammenarbeit. In der SV ist man nicht allein. Die SV ist eine Gemeinschaft, in der die verschiedenen Sprecher*innen, die Vertrauenslehrer*innen und weitere Menschen zusammenarbeiten. Und die Arbeit der SV muss immer getragen sein von den Mitschüler*innen.
Und der Arbeit der SV ist die Unterstützung Gottes, das Mitwirken durch seinen Geist zugesagt. Mit Jesu Hilfe gelingt der große Erfolg, mit dem Simon und die anderen nicht mehr gerechnet hatten. Ich denke zum Beispiel an den Tanzball zurück, den die SV im März organisiert hat. Im Vorfeld war es mühsam und einige Hürden mussten aus dem Weg geräumt werden. Am Ende wurde es aber ein wunderschönes Erlebnis für die ganze Schule und ein toller Erfolg für die SV.
Der Fischzug des Petrus ist ein Gemeinschaftswerk von Simon selbst, den anderen Fischern und Gott in der Gestalt von Jesus. Das ist der Grund, warum Dix dem Petrus der Geschichte in seinem Kirchenfenster das Aussehen und die Gestalt Jesu gegeben hat. Und wenn man sein Bild um 90° dreht, kann man erkennen, dass Jesus/Petrus und ihr Fang gemeinsam die Form eines Fisches bilden.
Wenn alle zusammenwirken – die (neue) SV, Schüler*innen, Kollegium, Schulleitung und Verwaltung und eben auch Gott durch seinen Geist, dann wird es gelingen, dass die SV Sprachrohr und Ohr der Schüler*innen ist, dass sie Ereignisse auf die Beine stellt, die die Schulgemeinschaft stärken und in Erinnerung bleiben, dass sie den Geist der Schule, den Geist der Nächstenliebe weitergibt und so zu einer Gruppe von Menschenfischern wird. Diesen Erfolg wünsche ich der neu zu wählenden SV und uns allen.
Arnold Glitsch-Hünnefeld
Ulli Naefken (ZfK der Landeskirche)