Hoffnung im Zeichen des Regenbogens

Wir wünschen allen Schülern, Eltern und Mitarbeitern erholsame Ferien!

Ansprache bei den Segensandachten zum Abschluss des Schuljahrs in der Melanchthonkirche

Wir stehen am Ende eines Schuljahrs, das es so noch nie gegeben hat und hoffentlich so bald nicht wieder geben wird. Das zweite Halbjahr wurde komplett von der Corona-Pandemie überschattet. Das Virus stürzt viele Menschen in existentielle Nöte. Manche kämpfen im Krankenhaus ums Überleben. Andere haben den Kampf verloren und ihre Angehörigen trauern um sie. Manche sorgen sich um ihre Zukunft, wissen nicht, ob sie ihren Job behalten werden oder wie sie mit dem Geld über die Runden kommen sollen.

Die Auswirkungen von Corona auf unseren Schulalltag waren nicht so bedrohlich, aber doch sehr deutlich zu spüren. Wochenlang durftet Ihr nicht in die Schule kommen. Der Fernunterricht war eine Herausforderung. Sich jeden Tag zu motivieren, war nicht leicht. Manches Aufgabenpaket war ganz schön schwer. Und auch als es dann wieder Unterricht vor Ort gab, war und ist vieles anders: Hygieneregeln, Maskenpflicht, Abstandsgebot und vieles mehr.

In diesem Jahr können wir auch keinen gemeinsamen Abschlussgottesdienst zum Ende des Schuljahrs feiern, sondern nur diese Andachten im Klassenverband. Und wie das nächste Schuljahr aussehen wird, lässt sich auch noch nicht absehen. Ob es wirklich wieder normal werden wird – was immer das dann heißen wird – oder ob uns eine zweite Corona-Welle einen Strich durch die Rechnung macht, wer weiß das schon?

Angesichts all dieser Verunsicherungen, Sorgen und Nöte haben einige Schuldekane und Schuldekaninnen unserer Landeskirche gemeinsam mit einigen Schülerinnen und Schülern einen Film produziert. Speziell zum Ende dieses schwierigen Schuljahrs. Es ist ein Film, der Mut machen soll. Deshalb trägt er den Titel „sign of hope“. Im Zentrum steht der Regenbogen als Symbol der Hoffnung.

Ich habe meine Fünftklässlerinnen und Fünftklässler gebeten, zu überlegen, was ihnen einfällt, wenn sie an den Regenbogen denken. Sie haben ihre Antworten auf kleine bunte Zettel geschrieben, die zusammen einen Regenbogen bilden. Folgende Antworten haben sie gefunden:

  • Es ist etwas Besonderes; schön; selten; groß
  • Kann der Regenbogen vom Himmel fallen? Schwebt der Regenbogen oder steht er auf zwei Hügeln? Ist der Regenbogen Gottes Rutsche? Am Ende ist ein Schatz vergrabe…
  • Familie; an meinen Opa; meine verstorbene Uroma; an meine Katze (Flecki), meinen (verstorbenen) Hund, meine Familie
  • Licht, Freude, Glück, Geborgenheit, Gesundheit, Frieden, Wärme bzw. Liebe
  • sieht schön aus – genauso wie Gottes Licht; dass es eine Gabe von Gott ist, sehen zu können; dass Gott an mich/uns denkt; dass Gott uns liebt
  • bunt / Farben; Zusammenhalt (z.B. der Farben); jeder hat eine eigene Meinung und einen eigenen Glauben; Dass jeder einzigartig ist; Tiere; Artenvielfalt
  • Arche Noah; Keine Sintflut mehr; Regen / Sonne; Der Regen hört auf; Hoffnung; Danke

Noah: Hoffnung nach dem buchstäblichen Weltuntergang

„Das Dichten und Trachten der Menschen war böse von Jugend auf“ schreibt die Bibel. Gott war erzürnt über die Bosheit der Menschen und beschloss, die Menschheit zu vernichten. Sie und alle Tiere sollten in der Sintflut ertrinken. Einen Menschen allerdings gab es, der gut war und der Gott Freude bereitete. Noah mit seiner Familie sollte deshalb errettet werden. Und mit ihm von jeder Spezies der Tiere ein Paar. Sie alle fanden Platz auf Noahs Arche; der Rest der Welt ging unter.

Als die Arche nach der Flut wieder auf der Erde aufsetzte, baute Noah als erstes für Gott einen Altar und opferte ihm. Gott aber erkannte, dass Noah eine Ausnahme war und bleiben würde. Auch nach der Flut würden die Menschen es nicht besser hinbekommen, sondern sich gegenseitig und der Welt um sie herum Schaden zufügen. Trotzdem – oder gerade weil er das erkannte – beschloss Gott, die Menschheit nicht noch einmal zu vernichten und die Welt auch nicht mehr.

„Solange die Erde steht, sollen nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht“ sprach er und mit Noah – stellvertretend für die Menschheit – schloss er einen Bund. Der Regenbogen sollte das Zeichen dieses Bundes sein. Immer wenn sich die Wolken von Gottes Zorn mal wieder auftürmen würden, wollte er auf den Regenbogen schauen und sich erinnern: „Ich habe noch etwas mit den Menschen vor.“

Hoffnung trotz Corona

Mit einigen von Euch habe ich im Unterricht darüber gesprochen, wie die Bibel zu verstehen ist. Ob sie wortwörtlich zu nehmen ist oder ob ihre tiefere Wahrheit manchmal hinter den Buchstaben zu finden ist. Die Sintflutgeschichte ist für mich ein biblischer Mythos, der interpretiert werden will. Und ich sehe den Schwerpunkt auf ihrem Ende, dem Versprechen, dass Gott trotz allem an der Menschheit festhalten wird.

Deshalb halte ich Corona auch nicht für das Ende der Zivilisation. Und ebenso wenig für eine Strafe Gottes, wie das gelegentlich behauptet wird. Ich denke das Coronavirus ist schlicht ein Stück Biologie. Es kann sogar als gutes Beispiel für die Evolutionstheorie betrachtet werden: Eine Lebensform, die hoch anpassungsfähig ist – leider! – und in unserer globalisierten Welt und in Umgebungen wie den Großschlachthöfen optimale Vermehrungsbedingungen findet.

Für die Pandemie brauchen wir keinen strafenden Gott – das kriegen wir ganz gut alleine hin. Ebenso wie für viele andere der globalen Krisen: die Klimakrise, die Vermüllung der Meere, der Raubbau an den endlichen Ressourcen der Erde und vieles andere mehr. Die Menschen sind zu einer Art Parasiten für die Erde verkommen. Aber ein Parasit, der seinen Wirt umbringt, hat selbst keine Zukunft.

Und doch gibt es gerade in der Corona-Krise auch Zeichen der Hoffnung: Die Globalisierung soll nicht rückgängig gemacht werden, aber bei manchen globalen Abhängigkeiten soll gegengesteuert werden, z.B. bei der Abhängigkeit von Medikamenten aus China. Die Zustände in den Großschlachthöfen waren lange bekannt; jetzt endlich werden Gesetze erlassen, die die Missstände unterbinden sollen.

Der Verkehr ist durch die Krise deutlich zurückgegangen und mit ihm auch der CO2-Ausstoß; eine Veränderung unseres Verkehrsverhaltens kann also tatsächlich etwas bewirken. Berufe, die viel zu lange wenig geachtet wurden – Pflege, öffentlicher Transport, Müllbeseitigung und andere mehr – bekommen endlich ein Stück Wertschätzung, z.T. auch finanzieller Art. Der direkte menschliche Kontakt über die sozialen Medien hinaus wird plötzlich wieder wertgeschätzt.

Noch sind das alles zarte Pflänzchen und es muss sich zeigen, wie nachhaltig wir Menschen sie pflegen. Trotzdem: Das Coronavirus ist nicht das Ende der Zivilisation, aber vielleicht der Anfang vom Ende unseres zerstörerischen Lebensstils. Ich glaube, dass die Chance dazu besteht. Und ich sehe darin Gott am Werk.

Eine Fünftklässlerin hat gesagt: „Ich glaube, dass Gott in unserer Welt wirkt, weil Menschen an ihn glauben und ihr Handeln nach seinem Willen richten.“ Ich finde das einen bestechenden Gedanken. Und ich habe deshalb Hoffnung für die Menschheit. Ich bin überzeugt: Gott hat noch etwas vor mit uns.

Amen.

Arnold Glitsch-Hünnefeld

„Sign of hope“ – Der Link zum Film

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