Kunst gegen das Vergessen 

Aktionen und Gedanken zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus 

 

„Gedenke des Sabbattages, dass du ihn heiligst“ – dieser Segensspruch – der Kiddusch – , der zu Beginn des Sabbats gesprochen wird, steht zu Beginn von „Schindlers Liste, dem mit sieben Oscars gekrönten aber auch umstrittenen Film, der uns seit seiner erstmaligen Ausstrahlung vor 25 Jahren mit seinen Bildern noch in lebhafter Erinnerung sein dürfte. Wie würdig mutet dieser einleitende Segen an, wie respektvoll treten wir Christen dem Judentum hier gegenüber – und wie schnell holt uns die erbarmungslose Realität im Film ein, die uns als unsere deutsche Geschichte nie verlassen kann und darf.  

Der 27. Januar als Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus ist seit 1996 ein bundesweiter, gesetzlich verankerter Gedenktag und erinnert an die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau und der Konzentrationslager in Auschwitz durch die Rote Armee kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs. 2005 erst wurde dieser Tag von den Vereinten Nationen zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust erklärt. 

Die Hochachtung vor einzelnen mutigen Europäern, die entgegen der nationalsozialistischen Rassenpolitik und unter Einsatz ihres eigenen Lebens jüdischen Mitbürgern vor den Vernichtungslagern bewahrten, zieht sich durch zahlreiche Länder – in Paris zieren Gedenktafeln für die „Mutigen“ die Außenmauern des „Mémorial de la Shoah“, eine neu erwachende literarische Gattung scheint sich bei aller Schwere der Thematik großer Beliebtheit zu erfreuen, wenn man nur an Werke wie „Sarahs Schlüssel“ (Tatjana de Rosnay), „Das Geheimnis“ (Philippe Grimbert) oder Autobiografien wie „Der Tätowierer von Auschwitz: Die wahre Geschichte des Lale Sokolov“ denkt. Und daneben steht der Film „Schindlers Liste“, der Spielfilm von Steven Spielberg, der mit dem Originaltitel „Schindlers Ark“ noch mehr die beispiellose Leistung des Industriellen Oskar Schindler hervorhebt, der 1200 Juden vor Auschwitz bewahrte – an dessen Ende jedoch nach Meinung der Kritiker der „Untergang der europäischen Kulturzivilisation“ zu wenig zum Ausdruck komme und stattdessen ein Sieg gefeiert werde. (Imre Kertesz). 

Die Evangelische Schule Schloss Gaienhofen nahm gerne die Einladung von Cineplex Singen an, die deutschlandweite Ausstrahlung des Films am 27. Januar mit einer Performance zu begleiten. Die Theater-AG unter Leitung von Margit Schlenker hatte eine Inszenierung vorbereitet, die unter die Haut ging – zumindest denen, die sie wahrnahmen: Der Singener Künstler Antonio Zecca  - zugleich Kunsterzieher der Evangelischen Schule – saß einsam im Foyer des Cineplex, die Schüler inszenierten in einer Endlosschleife Begriffe wie Ausgrenzung und Gewalt in Form einer Erschießung. Zecca ließ sich mit einer stumpfen Schere die Haare schneiden und gestaltete ein kreisrundes Bild mit roter Farbe und seinen Haaren symbolisch für Leid und Tod und den würdelosen Umgang mit menschlichem Leben in den Vernichtungslagern.  

War es zu erwarten, dass die Kinobesucher sich abwandten, gleichgültig vorbeigingen und die erschreckenden Bilder nicht wahrnehmen wollten? Ist es tatsächlich Ausdruck unserer Zeit, dass wir uns mit Ereignissen wie einer ernüchternden Realität nicht auseinander setzen möchten und lieber wegschauen? Lassen wir zu, dass Menschen ausgegrenzt werden, dass Respekt und Würde jegliche Bedeutung verlieren? 

Die Evangelische Schule möchte ihre Schüler wachrütteln und mit dem neu entstandenen Programm „Bildung gegen rechts“ ein Zeichen in unserer Gesellschaft setzen. Die Aktion „Kunst gegen das Vergessen“ bildet dabei den Auftakt zu einer Reihe von Aktivitäten, die die Schüler aller Klassen an diese komplexe und „unbequeme“ Thematik heranführen soll.