Jesu Jünger auf Projektwoche

Abschlussgottesdienst zur Projektwoche

Die Evangelien erzählen, dass Jesus einmal seine Jünger losschickt, dass sie in Zweiergruppen zu den Menschen in Galiläa gehen, Kranke heilen und das Reich Gottes verkündigen sollen. Mit den dazu nötigen Fähigkeiten dazu rüstet er sie aus. Sonst sollen sie nichts mitnehmen, sondern sich ganz auf die Gastfreundschaft der Menschen verlassen.

Ich denke mir, die Jünger werden ganz schön überrascht gewesen sein. Ihre Vorstellung des Alltags mit Jesus war, dass sie ihn begleiteten, wo nötig Botengänge und Ähnliches für ihn erledigten, aber im Zentrum des Geschehens stand er. Er verkündigte den Menschen das Reich Gottes, wirkte Wunder und heilte die Menschen. Sie bekamen ein bisschen etwas von seinem Glanz ab und waren die ersten einer Bewegung, in deren Mittelpunkt ganz klar Jesus stand. Jetzt also sollen sie aus diesem Alltag ausbrechen. Sie sollen sich etwas zutrauen und sich ausprobieren. Eine Art Projektwoche für die Jünger.

Das Lukasevangelium erzählt, wie sie nach dieser Zeit zu Jesus zurückkommen und ihm erzählen, was sie für große Dinge getan haben. Was werden sie Jesus erzählt haben? Petrus zum Beispiel – immer vorne dran und immer mit einem großen Mundwerk. Er wird sich ganz sicher ausprobiert und so richtig was erreicht haben: „Stell dir vor Jesus, ich habe Blinde und Gelähmte geheilt. Ich habe vor einer ganzen Dorfversammlung gesprochen und die Leute hingen an meinen Lippen. Das war ein Riesenspaß!“ Ganz anders vermutlich Thomas, der Skeptiker, der die Dinge gerne hinterfragt: „Ich war ja nicht so sicher, ob dieses Projekt so eine gute Idee war. Mit dir zusammen hätten wir doch bestimmt viel mehr erreichen können. Aber erstaunlicherweise haben mir doch einige Leute zugehört. Vielleicht weil sie gemerkt haben, dass ich auch ihre Zweifel ernst nehme. Und wahrscheinlich hat dein Vertrauen in uns abgefärbt. War vielleicht doch keine ganz schlechte Idee, das mit der Projektwoche.“ Oder Johannes und Jakobus, die beiden Streber vor dem Herrn: „Wir haben alles ganz genauso gemacht, wie wir es von dir gelernt haben, Jesus. Kein Wunder, dass wir Wunder wirken konnten.“ Und Judas, der Rebell, dem die politischen Veränderungen nicht schnell genug gehen konnten? „Ich habe deine Botschaft ein bisschen zugespitzt, Jesus. Man muss die Leute doch aufrütteln! So kann es doch nicht weitergehen! Ob ich damit Erfolg hatte? Ich weiß es nicht. Einige haben mich bestimmt als Spinner betrachtet. Aber das sagen manche ja auch über dich. Und es hat gut getan, es wenigstens zu versuchen.“

Was habt ihr nach der Projektwoche zu erzählen? Was habt ihr für Erfahrungen gemacht? Sie werden so verschieden sein wie die der Jüngerinnen und Jünger, denn Ihr seid genauso unterschiedliche Charaktere. Sie werden auch von Projekt zu Projekt unterschiedlich gewesen sein. „Sei gepriesen für deine hohen Berge“ haben wir gesungen. Darin haben sich vielleicht einige aus dem Alpen-Projekt wiedergefunden. Auch einige andere Projekte haben sich mit der Natur befasst, die in Laudato si besungen wird. Andere von Euch haben sich bei sportlichen Aktivitäten ausprobiert. Auf dem See, auf dem Mountainbike oder dem Fußballplatz zum Beispiel. Wie die Jünger in die umliegenden Dörfer gezogen sind, haben einige von Euch ihre nähere Umgegend erkundet, die Höri, Radolfzell und seine NS-Geschichte oder auch hinter die Kulissen der Schule geblickt. Viele sind kreativ geworden, haben etwas erschaffen – etwas Bleibendes oder Bilder und Klänge für den Moment.

Es waren zu viele Projekte, als dass ich sie alle aufzählen könnte. Allen gemeinsam war, dass Ihr Euch – wie die Jünger – in neuen Gruppenkonstellationen auf den Weg gemacht habt. Ihr habt – wie sie – neue Erfahrungen gesammelt. Manche haben vielleicht nicht euren Erwartungen entsprochen. Da vieles neu war, musste öfter mal improvisiert werden, was mitunter Zeiten des Wartens mit sich gebracht hat. Manche Erfahrungen haben Eure Erwartungen vielleicht übertroffen. Und manche Erfahrungen waren vielleicht einfach gut. Vielleicht habt ihr Fähigkeiten an Euch entdeckt, die Euch noch gar nicht bewusst waren. Vielleicht habt ihr gemerkt, dass es Euch weiterbringt, wenn Ihr mal mit den Großen oder den Kleinen zusammenarbeitet. Wir werden im neuen Schuljahr die Projektwoche auswerten und prüfen, welche Lehren wir daraus ziehen können.

Wie auch immer Eure Erfahrungen waren, ich hoffe und wünsche Euch, dass Ihr etwas aus dieser Woche mitnehmt. Dass Ihr neu oder wieder entdeckt habt, mit was für wunderbaren Gaben Gott Euch ausgerüstet hat. Dass Euch zutraut, mit seiner Hilfe Neues zu versuchen. Dass sich Euch neue Horizonte eröffnet haben. Dass Ihr Gemeinschaft über die Klassen- und Stufengrenzen hinweg erlebt habt. Eine Gemeinschaft, die uns als Schule verbindet und die letztlich in Gott gegründet ist. Diese Erfahrungen mögen Euch bleiben und Euch stärken.

Arnold Glitsch-Hünnefeld