Seltsame Zeiten – Update!
Filmpremiere der Theater AG – jetzt auch hier verfügbar…
Seltsame Zeiten sind es seit über einem Jahr wahrlich – und die leicht verharmlosende Titelgebung lässt den Zuschauer heimlich die Augen verdrehen, da über die Corona-Krise eigentlich alles gesagt ist. Doch wer die Produktionen der Theater-AG der letzten Jahre kennt, ahnt, dass mehr dahinterstecken könnte…
„Wir hatten die Rollen – mehr nicht – und dann kam im März der Virus und es war aus mit den Proben.“, berichtet Margit Schlenker als Leiterin der Theater-AG von den ersten Impulsen des Stücks. Eigentlich sei wieder eine Eigenproduktion, diesmal zum Thema „Zeit“, geplant gewesen, die Schüler waren dabei, ihre Rollenbiografie zu entwickeln, doch eine Aufführung war undenkbar geworden. Dann eben ein Film?
Und ab dann, so Margit Schlenker, habe sich sich die Produktion verselbständigt, Szenen seien entstanden, Tom Franklin hatte sich bereit erklärt, mit Unterstützung von Lennart Hart die gut sechs Stunden Filmmaterial zu einer Dokumentarcollage zusammenzusetzen. Beide Schüler sind ehemalige Mitglieder der Theater-AG und der Schule bis heute treu geblieben.
Menschen und deren Schicksale, die durch die Krise exponiert zum Vorschein kommen; Menschen, deren Lebenslügen aufgedeckt werden; Menschen mit Existenzängsten, kurz vor der Selbstaufgabe, verzweifelt, eingesperrt in der Enge ihres Lebens – all das thematisiert der Film, der die Bedrücktheit von Menschen während der Pandemie eindrucksvoll umsetzt.
Zunächst reihen sich scheinbar zusammenhanglos einzelne Episoden aneinander, die sich erst nach und nach verflechten. Rahmen bildet ein Filmprojekt, mit dem die Journalisten Nicole und Victor beauftragt sind. Sie führen aus dem Off Interviews mit Menschen, die von der Corona-Krise existentiell betroffen sind – „für die Welt danach“. Verbindendes Element zwischen den Episoden ist der Begegnungsort Bahnhof, der als Leitmotiv allen Schicksalen gemeinsam ist.
Roter Faden ist die Geschichte der Lilienthals, deren vier Kinder seit dem spurlosen Verschwinden der Eltern auf sich allein gestellt sind und mit der Ungewissheit über den Verbleib der Eltern nicht umgehen können. Nach und nach stellt sich heraus, dass die Eltern als Virologen auf dem Weg nach Wuhan waren und zuletzt am Bahnhof Zürich gesehen worden waren, bevor sich deren Spur verlor.
Alle weiteren Personen haben eine mehr oder weniger enge Verbindung zu diesem Schicksal, wissen das eine oder andere, stellen Vermutungen an, wer Auskunft geben könnte, hatten Kontakt oder werden als Zeugen genannt.
Da ist zunächst Greta, die sich in einem Blog offenbart, dass sie unheilbar krank ist und nur noch drei Monate zu leben hat. Sie freundet sich mit Pia an, einem drogenabhängigen Freigeist, der Greta das Leben lehrt.
Trixie putzt tagsüber, arbeitet nachts als Prostitutierte, umgibt sich mit einem Panzer aus Distanziertheit und kann nur in ihrer Machtposition die herablassende und dominante Haltung ihres Vorgesetzten Walter Schmidt, „CEO des Bahnhofs“ ertragen: Denn dieser ist nachts ihr Hauptkunde – und im Interview kommt das Verhältnis erstmalig ans Licht.
In den Szenen begegnet der Zuschauer auch Querdenkern, einer Mutter am Ende ihrer Kräfte, einer Straßenmusikerin, Influencern und Menschen, die einen Familienangehörigen durch Corona verloren haben.
„Die roten Fäden haben sich beim Proben erst nach und nach entwickelt“, erläutert Margit Schlenker und lobt die brillianten Leistungen der Schauspieler, die mit immer neuen Ideen den Fortgang der Handlung maßgeblich mitbestimmt hätten.
In einem Nachgespräch mit den Akteuren, moderiert von Lisa Feder und Armin Glaschke, wurden Fragen aus dem Publikum an die Schauspieler beantwortet. 15 Mitglieder der Theater AG haben im Sommer 2020 ihr Abitur abgelegt und erlebten erst jetzt die Filmpremiere.
Sie sprachen über die Beweggründe zu ihrer Rolle und über die Erfahrungen in der Zeit der Proben, die während der Corona Zeit nur in Kleinstgruppen stattfinden konnten. Für sie war es ein Abschluss ihres Engagements in der Theater-AG. Das Motto, das den Film eröffnete, bedeutete für sie zugleich Abschied und Ausblick: „Wer die Tage seines Lebens nicht auf der Bühne verbringt, wird ein Sklave der Zeit sein.“
Der Film ist ab sofort auch hier verfügbar:
Eindrücke von einem ganz besonderen Abend: