Die Welt – ein Riss

Georg Büchner auf der Klassenzimmerbühne der Jahrgangsstufe

Es war ein harter Tag an der Evangelischen Schule Schloss Gaienhofen: Von 8 bis 13.30 Uhr schrieben die Deutsch-Kurse der Jahrgangsstufe 2 ihre „Generalprobe-Klausur“ für das Deutsch-Abitur; Literatur-Thema war „Dantons Tod“, nachmittags waren dieselben Schüler zu Gast in der Vorstellung „büchner.die welt.ein riss.“ von „Theater mobile Spiele“ aus Karlsruhe, welche den geistig emotionalen Horizont von Georg Büchner inszenierte. Als Schauspieler agierte der in Athen geborene Georgios Tzitzikos, der seine Ausbildung an der Hochschule für Musik und Theater in Zürich absolvierte. Regisseur Thorsten Kreilos studierte Theaterwissenschaft und Philosophie in München und war lange Zeit an der Theaterakademie „Spielstatt Ulm“ tätig.

Als Collage war das Bühnenwerk angekündigt, wurde mit großer Skepsis von den Schülern erwartet, und mit beeindrucktem Applaus honoriert. Im Mittelpunkt stand das Spannungsfeld Leben – Tod, welches sich durch die Collage zog und auch in Requisiten und Bühnenbild umgesetzt war: eine symbolisch anspruchsvolle Konstruktion aus Jute, Holz und Stretchfolien prägten die Kulisse, die sich im Lauf des Stücks symbolisch „von selbst“ demontierte.

Das gesamte Stück besteht aus Zitaten aus Dramen von Georg Büchner, seiner Erzählung „Lenz“ sowie Auszügen aus dem „Hessischen Landboten“. Georgios Tzistzikos überzeugte sein junges Publikum durch den raschen szenischen Wechsel zwischen Danton, Robespierre, Woyzeck und Lenz, deren Werdegang auf den Tod ausgerichtet war und die in innerer und äußerer Haltung, Tonfall, Stimme und Mimik charakterisiert wurden.

Die Requisiten wie die in schwarzes Plastik eingewickelte Babypuppe oder die unterschiedlichen Materialien des Bühnenbildes fußten auf einer „Bedeutungslasagne“, so der Autor, mehreren Ebenen, die mehr oder weniger abstrahiert innere Bezüge und auf den ersten Blick verborgene Assoziationen beim Zuschauer bewirken. Die (zunächst) undurchdringlichen Deutungsmöglichkeiten konnten für viele Schüler spätestens im anschließenden Gespräch erschlossen werden, die dann aber im Kontakt mit den Schauspielern umso lebhafter diskutiert und neu entdeckt wurden.

Die Vorbereitung auf das Abitur steht in vielerlei Hinsicht im Fokus der Kursstufe in Gaienhofen. Neben der beispielhaften Aufführung von Theater mobile Spiele konnte der Autor eines weiteren Pflichtwerks an die Schule geholt werden: Der Besuch von Peter Stamm („Agnes“) steht am 7. März auf dem Programm – und in der kommenden Woche können die Schüler der Französisch-Kurse Bekanntschaft mit dem Autor des Romans „Un secret“, Philippe Grimbert, in Tübingen machen.