Vom Präsenzlernen mit Fernlehrer

Not macht erfinderisch

Hätte man uns im März diesen Jahres gesagt, welche Formen unser Unterricht und sogar unser Schulalltag bis Juni annehmen würden – wir hätten ungläubig den Kopf geschüttelt. Zwar wussten wir theoeretisch über Videokonferenzen, Lernvideos und Audio-Erklärdateien sowie allerlei Online-Tools Bescheid – hatten dies allerdings trotz der jahrelangen Erfahrung weitgehend brach liegen lassen.

Doch mit der Schulschließung war die Kreativität eines jeden Einzelnen und vor allem deren praktische Umsetzung gefordert. Entstanden sind wahre Erfahrungsschätze, die es jetzt zu teilen gilt und die sicher die weitere Unterrichtspraxis bereichern werden.

Die Mischung aus Präsenz- und Fernunterricht kann in Gaienhofen die von Corona und von Angst vor Infektion verursachten Grenzen überwinden: Kollegen, die der Risikogruppe angehören, werden per Microsoft Teams ins Klassenzimmer geschaltet und unterrichten quasi von der Wand runter. Sogar Blickkontakt ist (mit Einschränkungen) möglich, der Lehrer sieht die Schüler, die Schüler sehen den Lehrer und folgen dem Lernstoff, wie wenn er live an der Tafel erklärt würde – sogar Gespräche und Nachfragen können stattfinden.

Möglich wird dies durch eine Kombination von Microsoft Teams, Apple Airplay, einer Boombox und einer Funkstrecke, die diese Art der Kommunikation ermöglicht. Normalerweise lässt Microsoft nur eins von beiden zu: Bild – ODER Tonübertragung an den Beamer. Doch der Einfallsreichtum und die Hartnäckigkeit der Mitarbeiter von Cama Event überlisteten das System und erarbeiteten für uns innerhalb von wenigen Tagen eine bislang einmalige Lösung, die sich bewährt hat.

Die technischen Vorkehrungen sind innerhalb von wenigen Minuten aufgebaut, der Technische Assistent Corona („TACO“) im Klassenzimmer vor Ort assistiert dabei der Lehrperson, die vom Schreibtisch zu Hause aus agiert. Und sogar die Schüler, die (coronabedingt) zu Hause bleiben, können auf diesem Weg am Unterricht teilnehmen.

Ein weiterer positiver Aspekt wird sicherlich beibehalten: Einzelgespräche mit Schülern und Kollegen, die bisher oft nur zwischen Tür und Angel stattfanden, können per Microsoft Teams auch außerhalb des Unterrichts vereinbart werden, selbst mündliche Tests sind möglich, ohne dass damit Unterrichtszeit für andere verloren geht. „Man befindet sich wie in einem geschützten Raum und ist doch mit anderen zusammen“, „Das Lernen via Teams ist angenehm, man ist nicht abgelenkt“, fassen Schüler ihre Erfahrungen zusammen – wenngleich sich alle darin einig sind, dass diese Art des Arbeitens anstrengend ist.

Auch andere Gesprächssituationen sind aufgrund der geltenden Vorgaben mehr und mehr auf die digitale Ebene verlegt worden. Sitzungen, Besprechungen, Konferenzen finden mittlerweile auch im großen Rahmen mit der gesamten Lehrerschaft digital statt – was auch nur wenige für möglich gehalten hätten.

Außer Zweifel steht: Die Technik erlaubt Vieles, doch sie kann nicht den persönlichen Live-Kontakt ersetzen – ein Zulächeln, ein zustimmendes Nicken, eine anerkennende Geste als nonverbale Signale fallen weg. Unterricht ist mehr als Stoffvermittlung, und erst jetzt wird uns richtig bewusst, wie viel mehr den Schulalltag eigentlich ausmacht.

Wir versuchen derzeit durch strenges Durchsetzen der Regeln die Corona-Zeit gemeinsam zu überstehen und verdienen uns damit hoffentlich einen „normalen“ Wiederbeginn zum neuen Schuljahr. Vor allem aber haben wir eines gelernt: eine Vertrauen schenkende und respektvolle Schulgemeinschaft ist ein wertvolles Gut, das es verdient bewahrt zu werden.

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