Ihr sollt ein Segen sein!

Abiturentlassfeier 2019 in Gaienhofen

92 junge Menschen der Evangelischen Schule Schloss Gaienhofen konnten am 13. Juli in einer gottesdienstlichen Feier ihre Abiturzeugnisse und Auszeichnungen entgegennehmen. Auf Wunsch der 49 Abiturienten des Allgemeinbildenden Gymnasiums und 43 des Wirtschaftsgymnasiums fand die Feier der Tradition gemäß in kirchlichem Rahmen statt, der aufgrund der Renovierungsarbeiten nicht die Melanchthonkirche sein konnte. Die Lutherkirche in Singen leistete wie schon mehrfach in der Vergangenheit „Amtshilfe“, womit Zeugnisübergabe und Abiball in der Singener Stadthalle in zeitlicher und räumliche Nähe stattfinden konnten.

Schulpfarrer Arnold Glitsch-Hünnefeld eröffnete die Feier mit einer Besinnung zu den Worten „Ihr sollt ein Segen sein!“. Dieses Motto des 1. ökumenischen Kirchentags war eine freie Übertragung der in Gen 12,2 an Abraham gerichteten Worte: „Du sollst ein Segen sein“. Die Kritik, die seinerzeit an dem vermeintlichen Übersetzungsfehler geübt wurde, lässt sich ihrerseits kritisch hinterfragen.

Ein konstruktiv kritisches Bewusstsein zeichnet die Abiturienten dieses Jahrgangs aus. Sie waren nicht nur dadurch, sondern in vielfältiger Weise schon während ihrer Schulzeit ein Segen für ihre Mitmenschen und treten nun im Vertrauen auf die eigenen Fähigkeiten und auf die Leitung und Begleitung Gottes – wie Abraham – ihren Weg ins Unbekannte an.

Schulleiter Dieter Toder griff dies in seiner Rede auf und charakterisierte die jungen Menschen, die vor der anspruchsvollen Aufgabe stehen, eine globalisierte, sich ständig wandelnde Welt zu gestalten, deren Zukunft weniger denn je absehbar ist. Aber bei einem Jahrgang mit einem lange Jahre nicht mehr erreichten Durchschnitt von 2,0 – in welchem sich vier Schüler das Traumergebnis von 1,0 erarbeiten konnten-, zeigte sich Dieter Toder zuversichtlich, dass die Herausforderungen unserer Welt in guten Händen lägen.

In Erinnerung an den in der Woche zuvor von Schülern selbst initiierten Klimaschutztag forderte er die Abiturienten auf, Verantwortung zu übernehmen und verinnerlichte Werte neu zu gestalten, um ihrem vorauseilenden Ruf als „Generation Z“ wie „Zukunft“ gerecht zu werden. Dies sei in allen Lebensbereichen der Schule deutlich erlebbar gewesen und habe im beispielhaften Engagement zum Thema Klimaschutz kulminiert.

Diese Form der „überlegenen Reife“ müsse, so legt Toder in Anlehnung an Jens Jessen, Redakteur der ZEIT, notfalls im Widerstand gegen soziale Normen geschehen. Die Schule könne, so Toder weiter, nur begrenzt Orientierung geben, entscheidend sei die Bereitschaft von Schülern, die aufgeworfenen Problemstellungen aktiv anzugehen und den richtigen „Zuschnitt für Zukunftsthemen“ zu finden.

Ein treffendes Beispiel sei der jüngste Antrag von Schülerseite an die Gesamtkonferenz gewesen: „Ihr habt die demokratische Verfasstheit unserer Schule nicht attackiert oder ignoriert, ihr habt sie genutzt, um eure Anliegen bezüglich der Studienfahrten zu formulieren und durchzubringen: künftig wird hierbei auf Flugreisen verzichtet werden, künftig werden die Schüler stärker in die Planung und Durchführung der Fahrten eingebunden sein.“

Auch aus den Worten des Elternbeirates, der Abiturienten selbst und des Freundes- und Förderkreises sprach das Zusammenspiel aus Dank für die Begleitung während der letzten Jahre und Ausblick auf eine Welt, in der das Erworbene zur Anwendung kommen werde. Nicht nur an der Menge der Zeugnispreise und Auszeichnungen sei es ablesbar gewesen, dass ein außergewöhnlicher Jahrgang die Schule verlasse.

Tom Franklin, der die Abiturrede für das Allgemeinbildende Gymnasium übernommen hatte, hob das große Engagement der Mitschüler hervor, das ursächlich für ein ausgeprägtes Wir-Gefühl und für eine bleibende Identifikation mit der Schule sei: „Wir sind und bleiben Gaienhofener.“ Der Freundes- und Förderkreis, der diese lebenslange Gemeinschaft unterstützt, lud die Absolventen ein, das mittlerweile weltweite Netzwerk der „Ehemaligen“ zu nutzen, das den Abiturienten offenstehe. Traditionell beteiligt sich der Freundes- und Förderkreis auch an den Abiturfeierlicheiten, in diesem Jahr durch die Finanzierung eines Fotografen.

Das Eingangswort „Ihr sollt ein Segen sein“ zog sich damit als Leitsatz durch einen besonderen Tag und mündete in die Schlussworte des Schulleiters: „Wir entlassen Euch heute in eine Welt, die immer komplizierter wird, und daher auch immer schwerer zu verstehen und zu steuern. In eine Welt, die immer bedrohlicher für den Einzelnen und bedrohter durch die Vielen wird, und deshalb immer stärker nach handelnden Gestaltern verlangt.“

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