Vom Umgang mit Heterogenität 

Jahrestagung des Evangelischen Schulbundes in Gaienhofen 

Seit einigen Jahren genießen Begriffe wie Individualisierung und Differenzierung im Unterricht und in der bildungspolitischen Diskussion einen hohen Stellenwert, wenn es um Chancengleichheit in Lerngruppen geht. Der Evangelische Schulbund in Südwestdeutschland stellte seine Jahrestagung unter die Begriffs-Trilogie „Individualisieren? Adaptieren? Homogenisieren?“, bei der die Teilnehmer sich mit unterschiedlichen Ansätzen zum Umgang mit Heterogenität befassten.

Die Tagung, die als Tagungsort die Evangelische Schule Schloss Gaienhofen – selbst Mitglied im Schulbund – gewählt hatte, folgte mit großem Interesse dem Vortrag von Prof. Dr. Thorsten Bohl (Universität Tübingen), der die aktuelle Forschungslage auf kurzweilige und praktisch orientierte Weise präsentierte. Traditionell war die Tagung zugleich pädagogischer Tag für die gastgebende Schule, sodass die Kollegenschaft von Gaienhofen gemeinschaftlich die Chance hatte, sich auf diesem Gebiet fortzubilden.

Dabei wurde deutlich, dass jede Schule, jeder Unterricht für jede Lerngruppe eine eigene Ausprägung entwickeln und eigene Schwerpunkte setzen muss, da jedes Unterrichtsgeschehen fernab eines jeglichen Patentrezeptes fungiert: Um handlungsfähig zu sein, müssen Lehrerinnen und Lehrer in ihrem beruflichen Alltag mit Heterogenität „umgehen“, d.h konzeptionell, didaktisch oder interaktionsbezogen entscheiden und agieren. Der Begriff „Umgang“ wäre jedoch überstrapaziert, wenn damit unterstellt würde, Heterogenität ließe sich bewältigen, wenn man damit nur „richtig“ umginge. (…) Unterricht bleibt ein nur begrenzt planbares und nicht vorhersehbares Interaktions- und Beziehungsgeflecht, das alltäglich aufs Neue als dialektisches Geschehen zu verstehen und zu interpretieren ist. (Th. Bohl). 

Am Nachmittag stellten Teilnehmer der verschiedenen Schulen Konkretisierungen ihrer Schulen vor, wie individuelle Förderung gelingen kann, unter anderem in Coachinggesprächen und einem Konzept der Digitalisierung von Unterricht (Gaienhofen), Team-Zeitenin der Unterstufe (Mörike-Gymnasium Stuttgart), einem Mentorensystem (Thadden-Schule Heidelberg) bzw. durch die Förderung technischer und naturwissenschaftlicher Talente (Lichtenstern-Gymnasium Großsachsenheim, Mörike-Gymnasium Stuttgart).  

„Über den Tellerrand des eigenen Schulalltags hinauszublicken und sich in Gesprächen und Kontakten neue Impulse für die eigene Arbeit zu holen ist eine immer wieder bereichernde Erfahrung“: so konnte das Fazit zahlreicher Teilnehmer lauten, die gerne neu gewonnene Erkenntnisse in ihr tägliches Handeln integrieren.